Es passieren wieder komische Dinge im Zuge der Kulturstrand-Ausschreibung!
Ein Schelm, der Böses vermutet:
Von l. nach r.: Mehmet Birinci, Luisa Berauer, Janine Bogosyan, Tuncay Acar
Man stelle sich vor, man sitzt im Vorstand eines frisch gegründeten Vereins, der es sich auf die Fahne geschrieben hat, einen Beitrag für den Ausbau der kulturellen Vielfalt in München zu leisten. Hochmotivierte Menschen unterschiedlicher Generationen und Hintergründe, alles erfahrene Akteure der Münchner Kulturszene, kommen zusammen, um sich ehrenamtlich wöchentlich zu treffen, um einer gemeinsamen Vision zu folgen: Konzerte, Ausstellungen, Performances, Kunst- und Kulturprojekte mit einem reichen, bunten Angebot für München auszuarbeiten, zu organisieren und anzubieten (s. Selbstdarstellung im Anhang). Dann beschließt man, als Verein an der Ausschreibung über die Vergabe des Kulturstrandes am Vater-Rhein-Brunnen teilzunehmen! Warum auch nicht? Das wäre doch die geeignete Bühne für unser Vorhaben?
Nun: Unser Verein heißt „Real München e.V.“ und die Bewerbung gibt es tatsächlich. Ein Gastropartner (Florian Schönhofer vom Café Kosmos) wurde gefunden, in wochenlanger Arbeit ein Programm zusammengestellt und ein Antrag formuliert. Am letzten Tag der Frist wurde hochmotiviert stundenlang der letzte Schliff angelegt, der Antrag ausgedruckt und von unseren Vorstandsmitgliedern Luisa Berauer und Tuncay Acar mit dem Taxi zur Pforte des Rathauses gebracht. Die Abgabefrist endete am 31.01.2017 um 23:59 Uhr. Punkt 23.30 Uhr – also noch eine halbe Stunde vor Ablauf der Frist – kamen sie dort erschöpft aber letztlich erleichtert an.
Der freundliche Pförtner, machte noch einen charmanten Witz, nahm das Kuvert entgegen, stempelte es mit dem aktuellen Tagesstempel “eingegangen am 31.01.2017” ab, zeigte ihn den beiden mit einem breiten Grinsen im Gesicht, wünschte viel Erfolg und teilte ihnen mit, dass somit alles vorschriftsgemäß abgegeben wurde. Kurz vor knapp – aber geklappt! Juche, was kann da noch schiefgehen? Die beiden Real Münchner gingen daraufhin nach einem bis zur letzten Minute aufregenden Bewerbungs-Marathon erschöpft nach Hause und schliefen den Schlaf der Gerechten.
In den nächsten Tagen beantworteten wir Anfragen der Presse, so wie es sich für einen engagierten Verein mit einer guten Pressearbeit gehört. Die Journalisten waren über die Ausschreibungs-Anwärter schon früh aufmerksam geworden, es wurden Artikel in SZ, TZ, Focus, Mucbook, usw. lanciert. Der Real München e.V. wurde in einem Artikel der SZ auch als einer der „akzeptierten“ Bewerber bezeichnet. Soweit eine erfreuliche Angelegenheit und auch eine klare Tatsachenlage, so schien es. Aber die Bewerberinnen und Bewerber vom Real München e.V. sollten in den folgenden Tagen noch mit den Mysterien Stadtverwaltung konfrontiert werden.
Tatsächlich flatterte Mitte Februar ein Bescheid des Kreisverwaltungsreferates vom 09.02.17 beim Vorsitzenden Tuncay Acar ein, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass der Antrag leider nach Ablauf der Frist, nämlich am 01.02.17 in der Poststelle des KVR eingegangen sei und demnach nicht mehr zum Auswahlverfahren angenommen wurde. Angefügt war der nackte Antrag (ohne das ursprüngliche Kuvert) mit einem Eingangsstempel der KVR-Poststelle auf der ersten Seite: 01.02.2017!
Aber man ließ sich nicht ins Bockshorn jagen. Schließlich war die Sachlage ja glasklar! Erstens waren sie bei der Abgabe zu zweit gewesen und zweitens gab es ja noch den Pförtner, der den Eingang sicher auch bezeugen könnte! Außerdem sind Münchens Verwaltungszentren videoüberwacht. Das wird sich schon aufklären, dachte man sich! Formgerecht wurde ein Einspruch verfasst, ans KVR geschickt und mit den Verantwortlichen des KVR telefoniert. Diese beriefen sich auf die Tatsache, dass der Antrag zumindest beim KVR ohne Kuvert eingegangen sei, und meinten, dass sie sich jedoch um eine Überprüfung des Falles bemühen werden. Man solle doch Geduld haben. Es wäre auch in ihrem Sinne, die Sache sobald wie möglich zu klären, um eine Verzögerung des Gesamtprozesses zu vermeiden.
Es entsprach nicht der optimistischen Grundphilosophie des Vereins, den Ausschluss aus dem Ausschreibungsverfahren an die Öffentlichkeit zu kommunizieren und da man schließlich sicher war, dass man im Zusammenschluß mit den städtischen Gremien dieses unerfreuliche Missgeschick sicherlich klären würde, hat man eben so weitergemacht, wie gehabt, bis am 12.03.17 schließlich das lang erwartete Resultat der Überprüfung ankam (s. Anhang). Darin wurde der Ausschluss aus dem Bewerbungsverfahren endgültig bestätigt und folgendermaßen begründet:
„Wie bereits im Bescheid vom 09. Februar 2017 ausgeführt, haben wir Ihre Bewerbungsunterlagen ohne Kuvert und mit Eingangsstempel vom 01. Februar 2017, also nach Ablauf der Päklusionsfrist, erhalten.
Es wurde uns seitens der zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rathaus versichert, dass Postsendungen, die samt einem Kuvert im Rathaus abgegeben werden, stets auf dem Kuvert gestempelt und vollständig – also mit Kuvert – an die zuständigen Dienststellen zugeleitet werden.
Anhaltspunkte für eine fehlerhafte interne Zuleitung resp. Stempelung liegen nicht vor.
Insofern ist hier leider festzustellen, dass Sie Ihren Sachvortrag nicht hinreichend glaubhaft machen konnten. Letztendlich ist für uns die formelle Beweiskraft des Eingangsstempels entscheidend.
Wir bedauern, Ihnen keine anderslautende Mitteilung geben zu können. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ein solches Vorgehen aus Gründen der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bewerberinnen im Rahmen der Strandveranstaltung erforderlich ist.“
Potzblitz! Das ist mal eine Ansage! Und die Zeit spielt nun auch noch gegen uns. Wir müssen den Gegenbeweis bringen für deren Schlamperei?! Na gut, wir legten los:
Es folgten einige Telefonate mit den Zuständigen im Kreisverwaltungsreferat, die sich dieses Malheur auch nicht erklären, aber im Endeffekt auch nichts bewirken können (oder wollen). Man zeigte sich bedauernd, aber auch sehr uneinsichtig. Schließlich läuft es darauf hinaus, dass die Pflicht der Aufklärung im Grunde dem Antragsteller überlassen wird.
Der einzige Weg: Wir müssen mit dem Pförtner reden – der sei nur leider mittlerweile bis Anfang April krankgeschrieben und nicht befragbar, hieß es aus dem Rathaus. Überwachungskamera? – Da kommen wir leider nicht ran. Anwalt und einklagen? Nicht unser Stil. Zu viel Aufwand, Ärger, Zeit und Geld. Außerdem haben wir uns für diese Ausschreibung nicht beteiligt, um dann ewigen Justizstress durchstehen zu müssen. Wir brauchen unsere Energie für unsere Kulturarbeit und die ist eh schon fordernd genug!
Auf die Frage, wie man sich denn das vorstelle, man ja die Sache nicht einfach so im Stadtgeflüster verhallen lassen könne, antwortete der Sachbearbeiter im KVR unserem Vorstandsvorsitzenden: “Herr Acar, am besten sollte es nicht einmal ein Geflüster geben. Ich empfehle Ihnen, so wenig wie möglich an die Presse weiterzugeben”.
Dazu das Statement unseres Vereinsvorstandes:
“Ein Geflüster lässt sich in diesem Falle leider nicht mehr verhindern. Das wird es hoffentlich schon geben. Denn uns ist hiermit ein Unrecht widerfahren, dass wir jetzt eigentlich mit Anwalt und dem ganzen juristischen Hick Hack verfolgen müssten. Wir haben aber keine Lust darauf! Dazu sind wir nicht angetreten, um uns auf juristischer Ebene mit der Stadt zu raufen. Wir werden weitersuchen, nach der geeigneten Plattform für unser Anliegen und unsere Energie nicht mit einem Rechtsstreit verschwenden.
Also liebe Münchner, wir hätten uns gerne in diesen Prozess eingebracht, aber unter diesen Umständen wird das wohl nicht möglich sein.”
Und wir möchten betonen:
“Wir halten uns heraus aus allen möglichen Spekulationen, um eine vorsätzliche Manipulation des Bewerbungsprozesses. Es kann auch sein, dass die Poststelle des Rathauses einfach das Kuvert verschlampt hat und sich nun weder Rathaus noch KVR der Verantwortung stellen wollen. Das ist aber nicht unser Problem! In unseren Augen wirkt das ganze unseriös und auch zuweilen etwas dubios. Außerdem denken wir, dass es nicht unsere Aufgabe ist, zu klären, wo der Fehler im Prozess liegt. Vorliegen tut er auf jeden Fall! Wir fanden nur, das muss an die Öffentlichkeit.”
Aber unsere Vision funktioniert auch ohne Kulturstrand. Nun suchen wir Hilfe für unser Projekt “Real München”: einen neuen Ort, Unterstützer, Förderer, Stiftungen, Aufmerksamkeit. Das Konzept ist auch in einem anderen Rahmen nutzbar und liegt fertig – ohne Kuvert – auf unserem Schreibtisch!
Pressekontakt:
Janine Bogosyan
0176-24892724
janinebogosyan@gmail.com