Zahlungsform

Im Billig Discounter ist lange Schlange an der Kasse. Die Kundin vor mir packt gerade mit mürrischem Blick die Ware in ihre Einkaufstasche. Dabei fällt eine Plastiktüte auf den Boden, die auf einem Berg Lebensmittel auf dem Kassenband lag. Sie hatte diese wohl zusätzlich geordert, da ihr Einkauf kaum in ihre eigene Tasche passen wird. Das Band ist dicht bedeckt mit Würstchen, Semmeln, Nudeln, etc.. und viel Plastik. Sie reagiert kaum, kramt in ihrer Tasche rum. Ich beuge mich herunter, hebe die Tüte vom Boden auf und lege sie wieder aufs Band. Sie reagiert zu meinem verwundern immer noch nicht. Die Kassenkraft frägt sie nun, ob sie Bar oder mit Karte zahlen will. Auch darauf reagiert sie nicht.
Kurz sieht sie während dem geschäftigen einpacken zu mir mit müden dunklen Augen auf. Ein schüchternes Lächeln bricht urplötzlich durch das mürrisch durchfurchte junge Gesicht. Sie bedankt sich leise. Danach kramt sie ein Briefcouvert mit Geldscheinen aus der Tasche. Der kleinste Schein ist ein Fuffi. Ich spüre, wie in mir eine diffuse Empathie ihr gegenüber wächst. Sie ist mir nun sehr sympathisch. Ich mag Menschen, die Bargeld aus Couverts kramen.

Triptown aktuell: Fußball

Ich nenne grundsätzlich keine Namen, sondern finde immer Umschreibungen für Personen, die ich nicht unterstütze. Das ist mein Beitrag zum Medienzeitalter. Keine persönliche Nennungen, keine Portraits, keine Links zu Seiten mit Nachrichten über Idioten, Despoten, oder Dummköpfe (ich habe bewusst die männliche Endung gewählt, denn insbesondere in diesem Bereich tummeln sich vorwiegend Männer). Was das bringen soll? Ich denke schon, dass es etwas bringt, wenn der Name einmal weniger im digitalen Äther erscheint, denn Aufmerksamkeit und Erwähnung ist Promo, ob negativ oder positiv ist in der heutigen Zeit scheißegal.

Einen essentiell wichtigen Teil der neueren Geschichte Deutschlands stellt momentan ein türkisch-stämmiger Fußball-Nationalspieler dar, der nicht nur durch seine überdimensional erfolgreiche sportliche Performance der letzten Jahre enorm hohe Popularität erlangt hat, sondern vor allem weil er – im Gegensatz zu all den lauten, populistischen Arschlöchern dieser Welt – mit einer beharrlichen Sprachlosigkeit es vermag, die Medienaufmerksamkeit in einer fast magischen Weise auf sich zu lenken. Vor einigen Jahren schon erzeugte er einen Eklat alleine dadurch, dass er die deutsche Nationalhymne vor Länderspielen „NICHT“ mitgesungen hat. Er übt somit enormen Einfluss auf die Stimmung und den gehobenen Diskurs in Deutschlands Fußball-Elite, aber auch auf die breite Masse einer der mächtigsten Fußball-Nationen der Welt aus. Er ist ein Phänomen. Das muss man anerkennen. Je länger er schweigt, desto kaskadenartiger überschlagen sich die Meldungen in der Presse. Ihr wisst, um wen es geht. Zumindest dafür hat er einen Innovative Social Media Strategies Award verdient (gibt’s sowas eigentlich?)!

By the way: Man sollte in erster Linie dankbar sein, dass er seinen Mund nicht öffnet, um Statements von sich zu geben, denn wer weiß, was da aus so einem Kickerhirn herausquillen würde? Man ist ja so einiges gewöhnt! Er ist sich wohl auch dessen bewusst, dass er nicht unbedingt der hellste ist. Diese zielsichere Selbsteinschätzung und die daraus folgende konsequente Haltung finde ich brilliant! Auf dem Rasen und auf dem Spielfeld der Öffentlichkeit ist der Mann große Klasse, da gibt’s nichts zu sagen.

Gerade jetzt hat er einen weiteren Höhepunkt in Sachen öffentlicher Aufmerksamkeit erklommen. Und zwar, indem er sich – zusammen mit einem ebenfalls türkisch-stämmigen Kollegen – mit dem Staatsoberhaupt eines islamofaschistischen Landes dieser Erde hat fotografieren lassen. Beide sollen den in den letzten Jahren zu trauriger Popularität gekommenen Staatschef mit einem deutschen National-Trikot geehrt haben, auf dem wohl wörtlich geschrieben stand: „Mit Respekt für meinen Präsidenten“.
Also wenn jemand, der deutscher Staatsbürger ist und als National-Fußballer eigentlich seiner gesellschaftlichen Strahlkraft bewusst sein müsste, so etwas tut, dann ist er entweder richtig dumm, oder er hat eine offensive Agenda im Hinterkopf. Ich muss zugeben: auch mir fällt es sehr schwer, da die richtige Analyse zu treffen.

Ich kann mich jedoch an ein Detail der Vorgeschichte der ganzen Angelegenheit erinnern, das vielen wohl entgangen sein mag: Damals, als der besagte Sportler noch am Anfang seiner großen Karriere stand, bemühte sich vor allem der damalige türkische Nationaltrainer Fatih Terim um ihn. Ich denke, das war so um 2008 rum. Der damals noch in der deutschen U21-Nationalmannschaft spielende sagte den Türken jedoch mit der Begründung ab, er wolle sich auf seine Karriere in der deutschen Nationalmannschaft konzentrieren. Das erzeugte allgemeine Begeisterung hierzulande. jedoch gab es sicher schon damals einige, die den Erfolg des damals 19-jährigen aus irgendeinem Grund nicht verkraften konnten. Ich komm jetzt nicht mit der Leier: „Nun muß man sich doch mal fragen, was einen solchen Fall von Musterintegration nach jahrelangem Höchsterfolg in seinem Metier zu solch einer Handlung drängt?“. Nein, mach ich nicht. Das überlasse ich den Spiegel- und SZ-KommentatorInnen mit dem richtigen kulturellen Hintergrund. Ich integrier stattdessen jetzt ostdeutsche Bierbrauer in München-Giesing.

Eines steht jedenfalls fest! Ob er jetzt dumm, oder schlau ist: Jemand der so lange schon im Fußball-Zirkus mithüpft, ist nicht alleine. Der hat Imageberater, Manager, etc.. Aber auch ohne deren Hilfe müsste er eigentlich in der Lage sein, die Konsequenzen seines Handelns zu begreifen. Deswegen gehe ich von einer bewussten Entscheidung seinerseits aus. Ich denke, er wird bald zur türkischen Nationalmannschaft wechseln. Das wird im ersten Moment auch besser für ihn sein.

Die rassistischen und beleidigenden Aussagen, die auf ihn niederprasseln finde ich im übrigen unter aller Sau. Hier zum Beispiel ein sehr absurdes Zitat des Intendanten des Deutschen Theaters in München: „Hallo du Idiot, du hast in der deutschen Nationalmannschaft nichts zu suchen. Verpiss dich nach Anatolien“. Meine Antwort dazu: Kümmer du dich mal um ein gescheites Programm in deinem Boulevard-Puff, bevor du dein Maul aufreißt, du seniler kleiner Mittelklasseprolet!

Aber kommen wir zurück zu unserem Fußballer: Ich wünsche dem Mann trotz allem die harten Konsequenzen einer visionslosen Fehlentscheidung. Ich wünsche mir, das der neoliberale Islamofaschopräsident die bevorstehenden Wahlen in seinem Lande verliert und der besagte Fußballer dann sowohl in Deutschland, als auch in diesem islamofaschistischen Land (…welches dann hoffentlich nicht wieder in einen lupenreinen kemalofaschismus zurückfällt, aber anderes Thema) zur Persona non Grata wird.

Warum? Weil ich mir wünsche, dass sich Opportunismus nicht lohnt. Wer sich auf eine Karriere in einem „Nationaltrikot“ einlässt, muss sich auf gewisse Spielregeln einstellen. Das ist nicht nur in Deutschland so. Fakt ist Fakt. Außerdem sind mir sowohl solch unsinnige Phänomene wie Fußball, nationale Staatskonstrukte, als auch Nationalmannschaften und vor allen Dingen Karrieren von Fußballern einfach egal. Es gibt wirklich wichtigeres.

Zum Beispiel diese erstaunliche Rede des deutschen Parlamentspräsidenten, in der er im Namen des deutschen Parlaments eine hochrangige Vertreterin der Opposition vor einer Eruption des rechten Hasses in Schutz nimmt und sich dabei ungewohnt klar positioniert: https://www.youtube.com/embed/_cA-bKl4r7s.

Sehr skurril, aber umso weniger überraschend ist der Austritt des Landes, in welchem die Menschenrechtscharta verfasst wurde, aus dem UN-Rat der Menschenrechte. Die Regierungssprecherin bezeichnet das Gremium als „Jauchegrube der politischen Voreingenommenheit“. Zu diesem Unrat gibt’s keinen Link.

Eine schräge Nummer, die sich betrunkene Polizisten nach Feierabend in Augsburg geleistet haben (aus dem Münchner Merkur): „Jedenfalls drückte der 43-jährige Haupttäter, ein Polizeioberkommissar, dem Senegalesen einen angebissenen Hamburger an die Schläfe und rief „Black man, go home“. Es sei ein Aussetzer gewesen und er schäme sich dafür, versuchte sich der Polizist im Gerichtssaal zu rechtfertigen“.

Knödelköpfe außer Rand und Band! Unhaltbare Zustände in der Fraktion der Christlich (National-)Sozial(istisch)en Union in Berlin: Es sprechen Menschen ohne Abgeordnetenmandat vor dem Plenum, interne Beschlüsse der Fraktion werden im Innenministerium vorangetrieben, ohne die Koalitionspartner zu informieren. Rechtsradikale Statements von hochrangigen Mitgliedern einer Partei, die es bisher glaubhaft geschafft hat, sich als verfassungstreu zu gerieren. Jetzt lösen sich alle Hemmungen und ein Faschostatement nach dem anderen steigt in die Luft, wie Seifenblasen. Vor allem: ohne ersichtlichen strategischen Grund. Ich glaube den kleinkarierten Bauern aus Bayern steigt in Berlin vor lauter Machtgeilheit die Scheisse aus’m Darm in den Kopf. Deutschland verkommt allmählich zu einer weiß-braun-blauen Kartoffelrepublik.

Meine berechtigte Frage an alle, die bisher immer gesagt haben, so etwas wie das dritte Reich kann nie mehr wieder passieren: „Woher nehmt Ihr euch noch die Sicherheit? Oder ist es eher eine hartnäckige Bequemlichkeit?“

Also ich verstehe nicht, wie Ihr euch bei dem ganzen Müll noch grundnaiv für eine Fußball-WM begeistern könnt?

Sommerloch

Wie gut
die Einsamkeit tut!
Auch gut, dass niemand sich meldet,
um mich aus der süßen Trauer um den vergehenden Sommer zu reißen.

Und die Stimmen
in der trockenen Nacht
vor dem Fenster
klingen dumpf

Wenn es einen Grund gibt,
dann befinde ich mich heute über ihm.
So warte ich
auf deine Stimme,

denn sie berauscht mich,
wenn sie fort ist
und weckt mich,
wenn sie klingt

München, August 2012

Abanibi – א-ב-ני-בי

1978 war ich noch frische 10 Jahre jung und lebte in einem damals neu gebauten brutalistischen Betonwohnhauskomplex in München/Milbertshofen, genau gegenüber vom riesigen BMW-Firmenareal an der Riesenfeldstrasse. Dort arbeiteten alle unsere Eltern, die in Dienstschichten eingeteilt von früh bis spät zwischen Betonwohnsiedlung und BMW-Gelände hin- und herpendelten. Sie gingen meist, wenn wir noch schliefen und wenn sie matt und fahl heimkamen rochen sie nach Schweiß und Motorenöl.
Wir waren die Kinder dieser Arbeitssklaven und waren meist in den Kulturen der Heimaten unserer Eltern sozialisiert. Allesamt waren wir vorwiegend Arbeiterklassekids aus Deutschland, Griechenland, Jugoslawien und der Türkei. Lediglich eine Familie mit französisch-haitianischen Wurzeln tanzte aus der Reihe. Die Reagan-Ära stand vor der Tür und ich ahnte noch nichts von all den Pop-Phänomenen, die bald über mich einbrechen würden: Michael Jackson, Hip Hop, Breakdance, Eisi Gulp, etc..
Wir waren begeisterte Elvis-, Boney M.- und Abbafans. Die Beatles waren auch allgegenwärtig. Ansonsten hörten wir die populäre Musik, die uns die Kasetten-, Platten- und Radiobeschallungen aus den Hifi-Kombigeräten unserer Eltern boten. Ich bin mit dem Sound aufgewachsen, den man jetzt mit dem hippen Namen „Anatolian Psychodelic Funk“ tituliert.
Den gabs damals natürlich noch nicht. Für uns war das populäre Volksmusik und rangierte immer schon abseits von Elvis und Abba. Es war eine andere Welt, eine andere Liga, die in unserer Wahrnehmung nichts mit dem Pop des Westens zu tun hatte. Aber uns war damals schon klar: Je mehr die Musik aus den Kassettenrecordern unserer Eltern stilistisch der von Elvis und Abba ähnelte, desto „besser“ war sie. Wir wollten alle auch Mitglieder einer „modernen“ Gesellschaft sein. Vorbild war natürlich die, in der wir lebten. Sie wurde nie in Frage gestellt. Sie war die Norm, auf deren Niveau auch „unsere Heimatkultur“ irgendwann kommen musste.
So waren wir als Vertreter*innen der migrantischen Kulturen im ständigen Wettstreit miteinander begriffen. Griech*innen und Türk*innen vor allem mussten sich gegenseitig ständig etwas beweisen. Die Eltern am Arbeitsplatz, wir Kinder unten im Hof.
Dieser Wettstreit kulminierte alljährlich im Eurovision Song Contest, auf den wir alle geeicht waren. Wer gab wem wieviele Punkte? Wie präsentierte sich das eigene Heimatland? Aus jetziger Perspektive ist es sehr interessant für mich zu sehen, wie wichtig uns dieses gesellschaftliche Ereignis damals war.
Im besagten Jahr 1978 wurde die Türkei wieder einmal fast Letzter und die Griechen rangierten wieder über dem 10. Platz. Diese Form der Enttäuschung waren wir türkischen Kinder schon gewohnt und zankten uns Wacker mit unseren griechischen Nachbarn*innen, mit denen wir uns gegenseitig aufzogen.
Was uns aber tatsächlich über diesen Misserfolg hinweg zu trösten vermochte, war die Tatsache, das wir alle völlig begeistert waren vom Sieger-Song: „Abanibi“ von „Izhar Cohen & Alpha Beta“ aus Israel. Der Song war funky, klang fast wie Boney M. und der Chorus hatte eine unglaublich einprägsame Melodie. Wir hatten keine Ahnung worüber da gesungen wurde, aber es wurde zum Ohrwurm der nächsten Jahre. Bis zum heutigen Tag hatte und habe ich ihn immer wieder im Kopf und tatsächlich habe ich mich auch nicht selten gefragt, was die Lyrics wohl bedeuten würden? Wir sangen immer – dem Wortklang folgend: „Abanibi abanebe, abanibi abanebe obataba“, was natürlich nicht stimmte, aber wen juckte das schon?

Den letzten Eurovision Song Contest 2018 hat tatsächlich nach 40 Jahren wieder eine israelitische Künstlerin, nämlich „Netta Barzilai“ mit dem Song „Toy“ gewonnen. Meiner Meinung nach hat sich Netta zwar mit der „me too Debatte“ einen politisch sehr wichtigen Inhalt ausgesucht, der Song kann aber von der Groovequalität und vom Kultcharakter her, dem Hit von 1978 kaum das Wasser reichen.
Genau darüber unterhielten wir uns in einer Runde von Freundinnen und Freunden letztens. Unter uns befand sich auch ein junger Tänzer aus Israel und mir viel mein Lieblingseurovisionsgewinner von damals wieder ein. Ich dachte mir, ich nutze die Gelegenheit und frage mal nach der Bedeutung des Textes.
Mein israelischer Freund sagte mir, dass der Titel „Ich liebe dich“ – also auf Hebräisch “ Ani obew ochta“ bedeuten würde, aber der ungewöhnliche Duktus daraus resultiere, dass eine unter Kindern im ganzen nahen Osten sehr beliebte sprachliche Umformung angewandt würde. Ich kannte das noch aus meiner Kindheit: es handelt sich um die sogenannte „Bi-Sprache“ und sie funktioniert folgendermaßen: Nach jeder Silbe wird eine in der Vokalharmonie angepasste Zusatzsilbe eingefügt. Das ist ein unter Kindern sehr beliebtes Wortspiel und kann auch dazu dienen, die eigenen Pläne in Gegenwart der Erwachsenen kryptisch zu kodieren. So war also der Titel meines Lieblingsliedes aus meiner Kindheit entstanden: „Abanibi obo ebew obachtaba“.
Nun verstand ich auch, warum der Song gerade bei uns Kids so sehr eingeschlagen hatte. Ein geschickter Schachzug, denn die Wortmelodie bleibt auch lautsprachlich leicht hängen. Ideal für einen Popsong! Ich war nun nach fast 40 Jahren nur noch mehr begeistert und wir wollten alle den alten Eurovisionshit anhören. Dazu zückte einer von uns sein Handy und wir suchten danach im Netz.
Während unserer Suche wurde unsere Freude aber schlagartig auf null reduziert und blieb uns in unseren trockenen Kehlen stecken: die israelische Staatsmacht hatte just an diesem Tag mit scharfer Munition auf palästinensische Demonstrant*innen an der Grenzregion zu Gaza reagiert, die gegen die Einrichtung der amerikanischen Botschaft in Jerusalem auf die Straße gegangen waren: 51 Tote und fast 1700 verletzte. Die zahlen wurden stündlich nach oben korrigiert.
Wir hörten uns den Song trotzdem an und hatten die nächsten Tagen alle den Ohrwurm. Es ist schließlich ein Lied über die Liebe und die ist alles, was uns auch im größten Wahnsinn unseres schizofrenen Daseins bleibt.

Süperfly Orkestra: „Do you love me?“

Süperfly Orkestra sind Nik LeClap und Süperfly aka Triptonious Coltrane.

sueperfly_orkestra

Seit geraumer Zeit geht das schon so mit den Zweien.

Das Süperfly Orkestra schafft in Kooperation mit Gestalten wie Elektro Hafiz, oder der Sängerin/Tänzerin Ma Sharona eine eigene Meta Ebene, in die es sich lohnt einzutauchen.

Track: „Do you love me?“.
Künstlerduo: „Süperfly Orkestra“.
Release: Online auf Bandcamp und Youtube / April 2018.

Director: Mehmet Ismail Birinci
Director of photography: James Bosporus
Videoproduction: Eddy Fiesta & Johnny Karacho

Musicproduction: Nik Le Clap & Süperfly
Original Song: „Do you love me?“ by Bendaly Family (1978)
Additional Lyrics: Süperfly
Vocals: Süperfly, Ma Sharona
Background Vocals: Fadime Gültekin, Emily Searle, Mehtap Arslan, Duygu Temel
Audio-Mix: Nik Le Clap
Audio-Mastering: Michael Heilrath (bereich03.de)

Characters: Ma Sharona, Roni Sagi, Süperfly, Nik Le Clap
Mask: Stefanie Poell
Assistantance: Sophie Poell, Emily Searle

Thanks to:
Hera Rauch (Heras Kostüme) for the big support!, Volkan Özekçin for the crazy bikes, Ceren Oran, Roni Sagi, Stephanie Poell, Sophie Poell, Mehmet Birinci, Emily Searle, Fadime Gültekin, Mehtap Arslan and Duygu Temel.

Geschichte? Was bringt mir das denn?

Buchtip:
Freiherr Max Von Oppenheim: „Denkschrift betreffend der Revolutionierung der islamischen Gebiete unserer Feinde“ (Berlin, 1914).

http://daskulturellegedaechtnis.de/work/oppenheim/

Viele von uns mochten das Fach Geschichte im Schulunterricht nie wirklich. Zusammen mit Mathe rangiert das Fach – so denke ich – immer noch unter den unbeliebtesten. Das Thema ist ja auch anfällig für sehr persönliche Projektionen. Schon unsere private Vergangenheit neigen wir vorteilhaft für uns zu interpretieren. Die unangenehmen Seiten interessieren da schon weniger. Einer beschönigten Geschichte mangelt es dann auch an Dynamik und Gegenwartsbezug. Sie ist eher eine leuchtende Inszenierung in der Ferne und hat mit dem hier und jetzt nicht viel zu tun. Wie sollte sie denn auch? Sie wurde ja mumifiziert und geglättet. Da gibt’s nicht viel zu erkennen, was einem im Umgang mit der Gegenwart weiterbringen könnte. Deswegen kommt dann natürlich auch oft die Frage: Geschichte? Das ist doch alles vergangen und vorbei? Was bringt mir das denn?
Ja liebe Kollegen und Kolleginnen. Aber wenn man sich selbst schon so gerne von kultureller Identität reden hört und diese dann auch noch immer öfter verknüpft mit einer nationalen, dann sollte man schon mal wissen, daß der deutsche Kaiser vor langer Zeit Hadschi Wilhelm Mohammed hat nennen lassen, nur um bei seinen osmanischen Verbündeten gut anzukommen, daß ein gewisser Herr Max von Oppenheim (seines Zeichens Archäologe, Nahost-Forscher, Diplomat, Spion, dessen Berichte auch am kaiserlichen Hofe gerne gelesen wurden), eine „Denkschrifft betreffend die Revolutionierung der islamischen Gebiete unserer Feinde“ verfasst hatte und jahrzehntelang – später auch (rotz seiner eigenen jüdischen Abstammung) in Kooperation mit den Nationalsozialisten – durchzuführen. Er starb gottseidank erfolglos. Aber der naive Wunsch, die islamische Population dieser Welt im Sinne einer, imperialen, später dann neoliberalen Expansion als schlagkräftige Dschihad-Truppe zu nutzen, war zwar schon ein Gedanke mit dem sich der Prophet Mohammed vielleicht durchaus hätte anfreunden können. Aber es war trotzdem nicht seine Erfindung. Zu einer Zeit, als Rassismus in Europa noch unreflektierter Standard war, hat man diesen Gedanken leicht zur Umsetzung bringen können. T. E. Lawrence (von Arabien), der im nachhinein hollywoodverklärte geniale englische Spion, litt wohl zeitlebens unter gewissensbissen, ob der falschen Versprechungen, die er seinen arabischen Verbündeten im Namen der britischen Außenpolitik angetan hatte. Immerhin!
Aber im Grunde sollten sich all diejenigen, die eine kulturelle Kluft zwischen Moslems und Christen sehen mal fragen, was ihr Anteil an diesem Phänomen ist. Ein Blick in die Ahnenreihe und intensive Recherchen wären da vielleicht aufschlußreich. Denn der Panislamismus ist mitunter ein Phänomen, an dem deutsche Denker (unter denen gab es damals noch wenige Frauen) maßgeblich beteiligt waren.
Die Arbeit des deutschen Auslandsgeheimdienstes begann in Nahost und hat im Wesentlichen bis jetzt nie einen Bruch erlitten. Nicht mal in der Nachkriegszeit. Warum auch? Die Amerikaner waren natürlich nicht doof genug, eine gut funktionierende Maschine nicht einfach weiterlaufen zu lassen. Also fand nie ein wirklicher Gesinnungswandel statt! Deutschland diente schon immer als Drehscheibe für islamistische Aktivisten aus aller Welt. Islamistische Netzwerke wurden damals wie heute von den unterschiedlichen Interessengruppen hofiert, um in der Nahost-Politik im eigenen Sinne zu agieren.
Deswegen behaupte ich: Nicht der Islam, sondern der Islamismus gehört zu Deutschland! Vor allem die Intellektuellen in diesem Land sollten sich mal ausgiebig mit ihrem eigenen radikalen Potential und dessen Tradition auseinandersetzen. Das ist der einzige Weg, wie man was erreichen kann.

Das äußerst aufschlußreiche Machwerk des Max von Oppenheim ist jetzt – wie oben schon angegeben – im Verlag Das Kulturelle Gedächtnis erschienen. Sehr empfehlenswert, wenn man den Mut dazu hat!

ausserdem das schauspiel

ausserdem komm ich aus ner ganz anderen ecke
ich komme

ich pisse durch das lüftungsgitter in die tiefgarage, weil ich zu faul bin, ein klo zu suchen
fliesst

ich hab panik, den zug zu verpassen
läuft

aber einen schönen hut trommeln auf ibiza
powermuschi

der rechtsanwalt tobt
ein volk wird plattgemacht
die u n schweigt

lächerlich, wie schlecht alles ist
ab und zu rollen
annehmen
und wieder

pi pa po, ja, weil die grossmutter sagt, ich gehöre zu deutschland

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