Schmachtfetzen #3: Aşık Mahzuni Şerif – Was ist mir geblieben?

Parsel parsel eylemişler dünyayı
Bir dikili taştan gayrı nem kaldı
Dost köyünden ayağımı kestiler
Bir akılsız baştan gayrı nem kaldı

Padişah değilem çeksem otursam
Saraylar kursam da asker yetirsem
Hediyem yoktur ki dosta götürsem
İki damla yaştan gayrı nem kaldı

Yiğit geçinenler namert çıktılar
Sonra ettiğine pişman çıktılar
Eski dostlar bize düşman çıktılar
Birkaç tane itten gayrı nem kaldı

Mahzuni Şerifim çıksam dağlara
Rastgelsem de avcı vurmuş marala
Doldur tüfeğini beni yarala
Bir yaralı döşten gayrı nem kaldı


Was ist mir geblieben?

Sie haben die Welt unter sich aufgeteilt.
Was ist mir geblieben, ausser einem einsamen Stein?
Kein Fussbreit liessen sie mir im einst vertrauten Dorf.
Was ist mir geblieben, ausser meiner Unvernunft?

Ich bin kein Sultan, kann nicht ungerührt bleiben,
oder gar Schlösser bauen und mir Söldner halten.
Besitze keine Gabe, um’s dem Freund zu bringen.
Was ist mir geblieben, ausser zwei Tropfen Tränen?

Vornehme Edelmänner, entpuppten sich als Halunken.
Und reuten danach, was sie getan.
Die trauten Freunde, sind uns Feind geworden.
Was ist mir geblieben, ausser ein paar räudigen Hunden?

Ah Mahzuni Şerif, würde ich Berge erklimmen
und das Rotwild finden, der Jäger hätte es schon gestreckt.
Lade dein Gewehr nun und versehre mich.
Was ist mir geblieben, ausser einem wunden Herzen?

München stirbt langsam, Istanbul brennt.

Bärtige Sensibelchen fahren auf Skateboards durch die langen Flure von global agierenden Designagenturen mit ihren Schoßhündchen auf dem Arm. Sie sind Kreativ. Ein Arbeitstag kostet ein Vermögen, aber das ist normal. Nach der Schicht wird unter besonderen Motti socialized. Heute Helloween Kostümball, morgen Thema Trump-Administration. Immer hält einer einen Vortrag, danach wird getrunken.

Kunst ist eine teure Konkubine. Sie wird auf Produktmessen mystisch beschworen, um Abnehmer für Softwarelösungen anzulocken. Wenn man nach ihr frägt, dann kann man schon einmal Zeuge eines Projektes werden, in dem man exemplarisch, anhand von nachinszenierten Einzelfällen, die Diskriminierung von Einwanderern auf deutschen Behörden nachempfinden, oder anhand einer geführten 24-Stundentour die aussischtslose Lage von Obdachlosen auf Münchens Strasse mitempfinden kann. Dazu wird trocken Beuys zitiert: „Das System ist kriminell, der Staat zum Feind des Menschen geworden!“ Aha ja. Das hat der Mann tatsächlich vor Jahrzehnten gesagt, stimmt. Nur, was hat das jetzt mit eurem Voyeurismus zu tun?“

Im Glockenbachviertel pocht das Herz der Bewegung. Die Phase der billigen Jutetüten ist vorbei. Antroposophie und fernöstliche Lebensphilosophie, ja sogar Adorno sind jetzt Nobelfastfood. Sogar die Bedienung beim Vietnamesen, bei dem du seit Jahren Stammgast warst, lächelt dich neuerdings satanisch höflich an und tut so, als wärst du ein potentieller Siemensmanager und du weisst, während dem essen, dass nichts mehr so sein wird, wie es mal war, wenn die Rechnung erst mal auf dem Tisch liegt.

München stirbt. Vielleicht muss das auch so sein. Vielleicht muss diese Stadt erst einmal in ihrer kleinkarierten Hybris, feiernd und ergebnisoffen untergehen, in Hoffnungslosigkeit versinken mit jeder erfolgreichen Umsatzbilanz?

Genau diese hindert einen daran, ein zweites mal nach der Kunst zu fragen. Kunst funktioniert hier – das ist erwiesen und belegt. Sie funktioniert so gut, dass man sie selber gar nicht mehr erleben muss. Sie ist nun untergebracht in einer Branche, heisst es aus kompetenten Mündern.

Zuerst sorgt man sich um sie, dann wird man missmütig und wenn man anfängt doch wieder nach ihr zu fragen, dann wird erwidert: „wir wollen Ihnen ja nur helfen“.

Ja ok, Danke.

Dann erfährt man, dass die Kunst ja nicht verloren ist, sondern lediglich ihren angestammten Platz gefunden hat. Nach Umsatzvolumen sortiert kommt sie an 5. Stelle. Nämlich nach der Software- und Game-industrie, der Medienindustrie, der Musikwirtschaft, der Designwirtschaft und der Kulturwirtschaft.

Es gibt sie als Bestandteil von Balken- und Kuchendiagrammen und auf bunten schematisch gekennzeichnetetn Karten des Freistaates Bayern. Man kann sie sich so ansehen und dann tschüss sagen und dann gibt’s Party.

Anders geil!

In der Zwischenzeit gehen zwei Bomben in Istanbul hoch. Sprengstoff beladene Lkw’s explodieren nahe des frischrenovierten Stadiums der Mannschaft  Besiktas Istanbul nach einem Derbyspiel. Es ist das Stadion der Mannschaft, die fast schon als Symbol der Opposition gilt. Die Angriffe galten den Polizeieinheiten, die am Strassenrand stationiert waren. Nach den neuesten Erkenntnissen starben bei dem terroristischen Anschlag mindestens 36 Polizeibeamte und 8 Zivilisten, hunderte wurden verletzt.

Ein Paar Jungs sassen zu dem Zeitpunkt auf der gegenüberliegenden asiatischen Seite am Strand, sangen und spielten Gitarre. Ein Freund filmte sie und nahm zufällig die Explosion im Hintergrund auf. Der Knall war auf Grund der großen Distanz zeitverzögert nach einigen Sekunden erst zu hören.