ein statement für alle, die an meiner position in der ganzen theater-migränedebatte interessiert sind

mein kommentar zu einem artikel, der auf nachtkritik.de erschienen ist:
http://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=8851:muenchner-diskussion-ueber-menschen-mit-migrationshintergrund-am-theater&catid=101:debatte&Itemid=84#comment-39412

jopp

es geht um klassenkampf und es geht um die verteilung des kuchens. exakt.

es könnte auch darum gehen, den kulturetat des bundes um ein wesentliches zu erhöhen. es könnte auch darum gehen, dass man strukturellen rassismus frühzeitig erkennt und sich damit auseinandersetzt. es könnte auch darum gehen, dass man es akzeptieren kann, wenn menschen, die systematisch subtil ausgegrenzt werden, ihre lust und freude an der kultur anfordern, dass man dies einfach auch mal zulassen kann und sich ihre meinung mal anhört.

es könnte auch darum gehen, dass man sich vergegenwärtigt, dass das subjektive empfinden einer kulturellen oberhoheit in seiner „heimat“ ein bedürfnis ist, das deutsche mit dem rest der welt durchaus teilen. gehen sie in ein dorf im nigerianischen edo state und sie werden auf irgendeine kulturautorität treffen, die ihnen vom hohen entwicklungsstatus seiner kulturellen tradition erzählen wird, oder gehen sie nach anatolien, oder nach thessalien, ins baskenland oder sonstwohin.

ich will damit nur sagen: „wir“ deutschen sind in der hinsicht nichts besonderes. wir haben die leitkultur nicht mit löffeln gefressen. wenn ich mich kritisch dagegen äussere, dann tue ich das, weil ich gerne hier lebe und diese gesellschaft, in der ich verortet bin liebe.

sprich: ich fühle mich in allen kulturen heimisch, mit denen ich mich befasse und empfinde dort auch eine spezielle verantwortung, mich mit wort, tat und meinung einzubringen. denn es liegt mir am herzen und die überhebliche haltung mit der sich menschen überall auf der welt über andere stellen, aufgrund von religiösen, kulturellen, ethnischen oder sonstigen unterschieden tut mir seit meiner kindheit einfach weh, denn ich kenne sie gut. ich bin sensibilisiert.

das ist der grund, warum ich mich hier einbringe. der grund, warum ich so provokativ bin ist eigentlich nur folgender: wenn ich mich nicht drastisch äussere, dann hört mir einfach keiner zu! ich bin mitlerweile 45 jahre alt und habe erst vor kurzem angefangen, mir eine strategie auszudenken, wie ich mal menschen erreichen kann, die mich aufgrund meines namens schonmal erst gar nicht für voll nehmen. sie brauchen sich jetzt nicht zu wundern. das ist tagtäglich gang und gebe hier in diesem land.

diese formen der ausgrenzung gibt es weltweit. ich befasse mich aber mit denen, die in deutschland und der türkei passieren. warum? weil das meine beiden heimaten sind. weil ich mich in diese systeme eingebunden fühle. ich stehe damit auch zu meiner verantwortung als teil der menschlichen gesellschaft.

in dieser diskussion geht es mir nicht nur ums theater. es geht mir um das ganze soziale/gesellschaftliche system, in dem wir leben. ich fühle mich nicht wohl, wenn beamte des bnd und der polizei fast 10 jahre lang eine fiktive dönermafia bekämpfen und dabei hunderte unschuldige menschen drangsalieren, bedrohen und diskriminieren, während 3 mordlüsterne voĺlspongos mordend durchs land ziehen. ich fühle mich nicht wohl, wenn in deutschland im 21.jahrhundert ein mann 1,5 millionen exemplare eines machwerkes verkaufen kann, in dem er behauptet „muslime seien genetisch bedingt“ nicht in der lage sich zu integrieren!

wenn solche dinge in deutschland passieren, dann deswegen, weil eine masse an menschen ganz viel angst und gefährliche bilder im kopf hat. angst for dem vermeintlich „fremden“. das fremde wird momentan mit dem begriff migrant verbalisiert und das wort migrant dringt in abstufungen in die wahrnehmungsebene der heimatlich hier selbstverorteten menschen vor. die bedrohlichste stufe nehmen folgende attribute oder zuordnungen ein: türken, afghanen, pakistanis, roma, afrikaner (in diesem zusammenhang fällt auch oft das wort „muslimisch“ oder „muslimischer kulturkreis“)

dabei richtet man sich eben nicht nach der wörterbuchdefinition, sondern nach einer machtbasierten faschistoiden eigendefinition, die nach tageslaune variieren kann. heute steht die kopftuchtragende frau im vordergrund, morgen ist es der afrikaner, übermorgen vielleicht der bulgarische billiglohnarbeiter.

diese menschen werden oft genug auf eine anmassende weise als kulturell desinteressiert, als unqualifiziert, als artikulationsunfähig und unmündig eingestuft. ich rede hier von einem generellen bild, dass in der gesellschaft vorherrscht.

was mich an dieser sache stört ist folgendes:

die selbsternannte hochkultur fungiert in diesem kontext als prägeinstrument für eine kulturelle elite. sie setzt bilder fest und verstärkt sie. sie hat symbolische sendekraft. die art wie an einem solchen haus mit kultureller heterogenität umgegangen wird, prägt auch den rest der gesellschaft. deswegen tragen diese institutionen gesellschaftlich eine grosse verantwortung. eine solch heterogene vielfalt, wie sie in dieser gesellschaft mitlerweile zu tage tritt, muss sich in den grossen kulturellen institutionen, in der freien kultur- und kunstszene, in den medien, in der politik, in den politischen verwaltungen wiederfinden – nicht nur an exotenpositionen, sondern sparten und hierarchienübergreifend. man muss mit allen menschen auf augenhöhe kommunizieren, in dem vertrauen, dass die gesellschaft auch in der lage ist, ein gemeinsames niveau zu halten.

wo ist das bitte möglich, wenn nicht in deutschland? es gibt weltweit nicht so viele länder, die solch grosses potenzial alleine aus ihrer humanistischen tradition schöpfen können? haben wir nicht alle mehr vertrauen verdient?

alle menschen in dieser gesellschaft haben dieses vertrauen verdient. auch die menschen, die im osten dieses landes seit jahrzehnten als verlierer der wiedervereinigung herausgegangen sind.

natürlich geht es um ein klassending. alle menschen haben den zugang zu kunst und kultur verdient.

die hochkulturvertreter unterteilen gerne in niederschwellig und hochschwellig. dabei ordnen sie gesellschaftliche gruppen, einem perfiden automatismus folgend, je nach stigma einer dieser beiden gebiete zu. durch eine abscheulich elitäre haltung werden menschen vom kulturbetrieb ferngehalten. im nachhinein beklagt man sich dann über das vermeintlich mangelnde interesse. man muss sich jedoch mehr mühe geben mit den mitgliedern einer heterogenen gesellschaft. man muss türen öffnen, einladen und reinlassen. viele barrieren gründen nicht auf niveauunterschieden, sondern liegen eher im gesellschaftlich-zwischenmenschlichen bereich. das führt dazu, dass viele grossartige potentiale nicht genutzt werden können.

verstehen sie mich endlich richtig: mir liegt die kulturelle entwicklung dieses landes am herzen. ich habe bisher mein bestes getan. ich setze mich tagtäglich mit der geschichte, der sprache, den kulturen dieses landes auseinander. Ich bin dankbarer absolvent eines geisteswisschenschaftlichen studiums in münchen. ich habe mich mit den grundfesten der westlichen zivilisation beschäftigt.

ich spreche fliessend türkisch und deutsch und bewege mich in beiden ländern so, wie man sich zuhause eben bewegt.

ich habe meine hausaufgaben gemacht. jetzt sind sie an der reihe. mit „sie“ meine ich diejenigen, die mir immer noch eine deutschlandfeindliche gesinnung vorwerfen.

ich fordere einfach nur eine würdigung meiner existenz und die anerkennung meiner herzlichen verbindlichkeit, die annahme meines beitrages zur gesellschaftlichen verantwortung in diesem land.

in diesem sinne verabschiede ich mich nun aus diesem reigen mit einem herzlichen: „heidewitzka“

Ich mag Berlin im Winter

Kotti

Kotti

Ja, ich komme gerne nach Berlin im Winter
Es ist kalt, diesig, oft neblig
Wenn es so richtig Winter ist in Berlin,
dann gibts immer so Eisdämme auf dem Gehweg
Oder Eisplatten auf dem Pflaster, weil kaum gestreut wird
Vielleicht ist es jetzt nicht mehr so, weiss nicht

Ich komme lieber im Winter nach Berlin, als im Sommer
Im Winter ist Berlin richtig Berlin
So denke ich als Münchner
Berlin ist ne Winterstadt
München ist ne Sommerstadt

Kreuzberg ist wie eine Modell-Landschaft
Alles da, wie ausm Baukasten
Der Junkie am Bankautomaten am Kotti
Hinter ihm der Dealer, der auf sein Geld wartet
Die türkische Bäckerei
Die Verköstigung der Obdachlosen
Die kurdischen Intellektuellen, fachsimpelnd auf der Strasse

Man spricht englisch und türkisch allenthalben
Es schmeckt lecker überall
Ich sitz im Hasir Restaurant und ruf ne Freundin an
Sie sagt: nicht bei den Faschos essen!
Ich sag: komm machma ne Ausnahme, hab schon bestellt
Das war schon immer so: die Faschos machen gutes traditionelles Essen

Beim Oktoberfest trinkt man ja auch sein Bier bei den Faschos?
Was soll man machen?
Die muss es ja auch geben, die Hornochsen
Wär ja langweilig
Überall nur friedfertige Alternative
Da dreht man ja durch

Ein alter kurdischer Linksaktivist fährt auf dem Fahrrad durchs Viertel
Er wettert gegen den Koalitionsvertrag zwischen SPD und Union
Durch ein Megafon
Politbeschallung des ganzen Viertels
Einem hats die Sicherung komplett rausgehaun
Der hat nen Tick, geht nur Rückwärts
Bin ihm Gestern 3 mal begegnet

Die Türken, die was auf sich halten machen jetzt kein Döner mehr
Die machen Holzofenpizzerien auf
Pasta und Pizza ist der neueste Hit in Kreuzberg
Spätkaufs verkaufen internationale Literatur und DVD’s
Nazis hab ich noch keine gesehn
Aber so weit können die nicht sein, die Drecksäcke

Berlin ist schon geiler als München
Da brauchst nix sagen
Aber München ist schon auch ein bisschen geil
Das ist der Grundcharakter Münchens:
Wenig viel und dafür viel ein bisschen

Ein bisschen originell
Ein bisschen Szene
Ein bisschen Sexy
Ein bisschen von allem
Ein bisschen Mode
Ein bisschen Laune
Ein bisschen Revolution
Ein bisschen Schampus
Ein bisschen Berlin
Ein bisschen Ibiza
Viel Wurscht
Viel Bier
Viel Fussball
Viel Amigos
Viel Geld
Viel Knödel und braune Sosse
Viel Alkoholiker
Ein bisschen Liebe
Ein bisschen Frieden
Ein bisschen Gerechtigkeit
Ein bisschen Humor
Ein bisschen Grantln
Ein bisschen Salz auf der Brezn
Ein bisschen Ahnung
Ein bisschen geht immer

Und Berlin wird morgen früh wieder diesig sein
Und der Bettler auf der Strasse wird mir einen schönen Tag wünschen, nachdem ich stumm und mürrisch an ihm vorbeigegangen bin
Und der Junkie wird seinen Dealer fragen: Ick wes ja, datte mir kene Kopfschmerztabletten andrehn tust, wa? klar sollste ja dein jeld kriegn, aber du verarschst mich nich, wa?
Der Dealer: Komm jetze mach mal hier, hol ma det Jeld ey!
Und grün funkelt die Leuchtschrift: Zentrum Kreuzberg

Leitkultur = Daumen durch Zeige- und Mittelfinger!

Nein ich veröffentliche keine Briefe von beleidigten Theaterregisseuren mehr auf diesem Blog! Ich publiziere meine Texte und meine Fragen:

Was ist der muslimische Kulturkreis? Was ist die migrantische Kulturszene? Ist der Hauptbahnhof mein Viertel? Warum? Warum klingt das besser fürs Radio? Bin ich wirklich dort aufgewachsen? Interessant!

Was ist die Definition des Begriffes Migration? Wer hält sich an diese? Nur die Migranten selber? Miranda? Migräne? Muräne? Magamugumigagogo? Was bin ich ? Mit Robert Lembke? Typische Handbewegung?

Daumen durch Zeige- und Mittelfinger, gleichzeitig mit der Hand eine Faust Formen und am besten noch mit der anderen Hand am Gelenk abstützen (sozusagen leiten) – jetzt besagte Faust mit der speziellen Fingerhaltung auf und abwärts schütteln…!

Wie ist das Publikum der Münchner Kammerspiele beschaffen? Wie der Personalstamm? Wie sieht es im Ensemble aus? Wie hoch ist der prozentuale Anteil der „anderen“? Wer sind die anderen? Wie steht es um das Residenztheater? Wie steht es in dieser Hinsicht um die restlichen hochsubventionierten hochkulturellen Einrichtungen in dieser Republik?

„Was sagen denn die Statistiken verdammt? Schnell nachsehen, aber dalli! Ja da muss es doch was zu machen geben, das kann doch nicht so weitergehen! Wo sind denn da die Kanaken? Ach! Auf der Nebenbühne? Auf der Terrasse? Auf dem Klo? Im Keller? In der Stadt? Im Hauptbahnhofviertel? Im Stadtprojekt im Hauptbahnhofviertel? Ach ja dann! Hauptsache sie sind am Theater irgendwo. Und das Theater ist ja eh überall, also sind die Kanaken am Theater. Ja, so kann man das stehen lassen. Aber passen Sie auf, was Sie von sich geben Mensch! Nicht, dass da jemand anfängt komische Kommentare abzulassen“.

Und ich? Was soll ich machen, wenn mir einer erzählt: „ja ich mach Migrationsthematik! Tolles Thema. Also bei mir ging das ja los, als ich festgestellt habe, dass meine Putzfrau eine Berufsqualifikation besitzt. Da hab ich erstmal mit den Ohren geschnackelt hahahaa. Das war wie Drogen nehmen! Seitdem mach ich Migrationsthematik am Theater. Wissen Sie, ich habe jahrelang meine Mitmenschen nicht als solche gesehen. Ich musste meinen Blick totaaaaaaal hinterfragen…bla…bla…bla…bla“.

Was soll ich machen, wenn mir einer sowas erzählt? Und wenn dieser Jemand Theaterregisseur ist? Was soll ich da machen? Weiter Drogen dealen? Ne! Das geht dann nicht mehr! Wenn man sowas zu hören bekommen hat, dann kann man nicht normal weitermachen mit Leute abziehen und Brüche verüben, alte Frauen ausrauben, Kinder auf den Strich schicken. Was willste dann noch deiner verschleierten Frau erzählen? Was all den verschleierten Nebenfrauen, die du heimlich dazuhälst, mit dem Geld, dass du in den illegalen Spielbuden verdienst?
Was soll man denn den Kumpels im Problemviertel erzählen? In ‚meinem‘ Problemviertel mit 90% Problemmigrantenanteil? Was soll ich denen erzählen? Soll ich sagen, es hat sich nix verändert, ihr Murkans? Alles ist beim alten? Einfach weitermachen, wie bisher?
Ne Ne – das geht dann nicht mehr. Das verändert dein Leben mal komplett! Echt. Da macht nicht mal das banale Leute verprügeln und abstechen in der U-Bahn spass, geschweige denn der alte Traum vom Dschihad im Namen Allahs. Das schaffste dann erst recht nicht mehr. Wenn du von einem Theaterregisseur so etwas zu hören gekriegt hast, dann biste erstmal platt. Ich schwör! Dann gehste ins Theater und schaust dem auf die Finger, dass der nicht noch mehr Scheisse veranstaltet!

Und weiter gehts im Fragenkatalog:
Was ist Hochkultur? Wer glaubt noch an diesen Begriff? Mal die Hände hoch! Könnte man das auch als White Trash bezeichnen? Oder Bavarian Trash?

Was sind Nationen? Sind sie noch Relevant? Was ist das Theater der Nationen? Gab es das im 3. Reich auch schon? Macht das Theater Politik? Oder macht die Politik Theater? Oder machen beide beides? Der eine holländische Dramaturg der Kammerspiele macht Kunst. Ich hab ihn schon gefragt. Der hat mit Politik nix zu tun, meinte er.

Und Thilo Sarrazin? Geht der auch ins Theater? In welches? Wenn er in München wäre, welches Theater würde er am liebsten besuchen? Preisfrage – Ich gebe keinen Tipp ab, sonst sind die Kammerspiele beleidigt.

Was meint ihr?

Und warum ist Dries Verhoeven beleidigt? Warum bin ich es nicht? Ach wie aufregend aber auch!

Spielt mein Name eine Rolle bei der Entscheidung über meinen Förderantrag? Spielte er schon immer eine Rolle und ich wußte es nicht? Hätte ich mich lieber Tuncay Maria Rathenburg nennen sollen? Oder besser als Hans Ulrich Acar bezeichnen sollen?

Und was macht denn überhaupt der Kusej? Nase bohren bis es schmerzt?