Schwarzbraun ist die Haselnuss. Dies ist der Titel eines berühmten alten deutschen Volksliedes, das in der Moderne durch eine Interpretation des deutschen Schlagerstars Heino furore machte.
Der Text, der so harmlos albern daherkommt hat aber einen verstörenden Hintergrund, der wie die Faust auf die Hornsonnenbrille des besagten Heino passt.
Denn wir lesen dazu in dem einschlägigen Werk von Barbara Boock:
„Das Motiv des schwarzbraunen Mädchens kommt in vielen Volksliedern seit dem 16. Jahrhundert vor. Es beschreibt einen zupackenden, herzhaften Typus… Das Gegenbild ist die spröde, blonde Frau, die meistens auch einen höheren sozialen Rang einnimmt.“
Barbara Boock: „Schwarzbraun ist die Haselnuss, schwarzbraun bin auch ich“ – Nachforschungen zu einem umstrittenen Volkslied. In: Veröffentlichungen des Instituts für musikalische Volkskunde der Universität zu Köln 74/2001 (PDF; 1,8 MB).
Warum ich auf so einem banalen Beispiel von deutschem Alltagsrassismus rumreite? Nun…ganz einfach: als ich mir kurz nach der Europawahl die deutsche Landkarte mit den Wahlergebnissen ansah, löste die Farbkombi automatisch die Assoziation zu diesem Lied in mir aus und ich begann spontan die bescheidenen Melodiefetzen, die ich noch aus meiner jüngsten Kindheit im Kopf hatte, vor mich hin zu summen.
Hier die besagte Karte:
Das leuchtende Blau, dass im Gebiet der sogenannten „Neuen Deutschen Bundesländer“ zum Vorschein tritt, assoziiere ich schon seit langem mit Braun.
Somit passt der besagte Schlager doch ganz gut zu dieser Karte? Und er passt auch zum alteingesessenen Rassismus in diesem Land, der schon immer präsent war und jetzt nur immer unverhohlener zu Tage tritt. Ein sehr klares Bild zeichnet sich da ab. Auch zeigt sie sehr deutlich die „Gesinnungsgrenze“, die genau an der Linie verläuft, an der sich damals der „Eiserne Vorhang“ befand. Was man daraus an Schlußfolgerungen ziehen kann, überlasse ich dem/r geneigten Leser*in.
Ich habe eine Version dieses Liedes aus den 70’ern gefunden, die in ihrer naiven Rezeption, dem gesellschaftlich verankerten Rassismus auf entlarvende Art eindringlich Ausdruck verleiht. Man hat dafür tatsächlich die afroamerikanische Acapella-Combo „Golden Gate Quartett“ gewinnen können, die sich womöglich für „ein paar Dollar mehr“ auf diese „wirren Deutschen“ eingelassen und eine eigene Swing Version dieses unsäglichen Liedes aufgenommen haben. Hier präsentieren sie diese in einer vorabendlichen Fernsehshow mit dem klangvollen Namen „Musik ist Trumpf“, noch moderiert vom deutschen Showmasterurgestein „Peter Frankenfeld“:
Das ist für mich das Statement der deutschen Wählerschaft zur Europawahl:
„Schwarzbraun ist die Haselnuss,
Schwarzbraun bin auch ich“