Ich lieb dich nicht, du liebst mich nicht

Ich liebe den amerikanischen Präsidenten nicht. Er würde mich auch nicht lieben. Warum auch? Besteht doch gar kein Grund dazu. Wozu all diese grundlose Liebe?
Es gibt Menschen, die ihren Präsidenten lieben. Allen Ernstes! Es gibt aber wenige Deutsche, die behaupten würden, dass sie ihre Kanzlerin lieben. Sowas ist den Deutschen zu albern.

Die Türken und Türkinnen kennen da jedoch keine Schmerzgrenze. Die lieben ihre Fahne, ihren Präsi, ihren Atatürk, ihre Fußballnationalmannschaft, ihre Osmanen, alles was ihnen nur ein Fünkchen an vermeintlicher Identität verspricht. Und lieben bedeutet dann gleich auch verteidigen! Denn so wenig ist der Glaube an die Liebe, dass die Verlustangst gleich mit ihr einhergeht.

Da können die Deutschen nur blöd schauen. Ehrlich. Sowas kriegen sie nicht hin. Das ist ihnen einfach zu emotional und unübersichtlich. Wenn deutsche Nationalisten ihre Vaterlandsliebe ausdrücken, dann wirkt das immer wie eine Art Simulation, denn sie wissen ganz genau, dass die gedankenlose Emotionalität, die dafür notwendig wäre der hierzulande als Konsens etablierten fachwissenbasierenden Grundhaltung diametral gegenübersteht, mit der sie sich jeden Tag als arbeitende Fachkräfte behaupten müssen. Und in Deutschland ist jeder kompetentes Fachpersonal, auch wenn er gerade mittel- und arbeitslos mit seinen Kumpels an der Ecke steht mit der 10. Halbe Bier in der Fresse. Ja sogar die Drogensüchtigen am Bahnhof unterhalten sich hier so besserwisserisch miteinander.

Deswegen fragen deutsche Nationalisten auch ständig höflich nach, bevor sie sich rassistisch äußern: „Das wird man doch noch sagen dürfen?“ Da kommt wieder die ursprünglich tiefe Höflichkeit der Deutschen zum Vorschein: Im Grunde sind sie nämlich ein äußerst höfliches Volk. Davon bin ich überzeugt. Ich bin ja schließlich auch ein Deutscher.

Ich schreibe in Verallgemeinerungen, wie man merkt. Die gönne ich mir jetzt einfach mal. Mitlerweile ist es ja eh schon wurst. So macht man das eben heutzutage. Man spricht in Verallgemeinerungen. Das erleichtert das trollige Leben und ist seit dem aufkommen der digitalen Kommunikation immer mehr hoffähig geworden.

Es ist eh erschütternd genug: Auf der einen Seite zerbrechen wir uns seit jahrzehnten die Köpfe und debattieren in philosophischen, politischen, sozialwissenschaftlichen etc. Runden wild herum, zermartern uns die Hirne, um immer präzisere, korrektere Bezeichnungen und Differenzierungen herauszuarbeiten, gleichzeitig haben wir es aber nun seit geraumer Zeit eben auch mit einem rasant wachsenden digitalen Medienkomplex zu tun, der wie ein riesiger Müllhaufen sämtliche menschliche Moral und jegliches Gewissen im handumdrehen vermodern lässt.

Lüge und Wahrheit werden zersetzt und aus dem modrigen Dreck, der übrigbleibt werden neue Begrifflichkeiten zusammengepresst und neu geformt, wie Holzstaubbricketts. Neue Wertigkeiten werden geschaffen, die eigentlich nur auf stinkeverlogenem opportunistischem Windfahnenverhalten basieren. Alles kann richtig und falsch sein. Es hängt davon ab, wer die Tweets richtig setzt.

Im Endeffekt hat man dann irgendwann echt die Schnauze voll davon, in Al-Jazeera-, oder Arte-Dokus dann zu erfahren, dass allem nur die wirtschaftspolitischen Intrigen der sieben Schwestern zu Grunde liegen, oder die Konkurrenz zwischen zwei Gaspipelines.

Es ist teilweise ja schon wieder spannend, die Spuren dieser unglaublichen Banalität zu verfolgen, aber auch so unglaublich demütigend, am nächsten Morgen seinen Job für genau diesen Moloch zu tätigen, in dem wir leben, sich dabei zu ertappen, wie man im Smalltalk mit den Kolleginnen alle Selbstlügen reproduziert, die man eigentlich von Anfang an als solche erkannt hatte. Oder? Ist es nicht so?

Aber man muß ja. Es muss ja, oder?

Einen Scheiss muss man.

Schmachtfetzen #5: Bergen – Sen affetsen, ben affetmem

Tanrım kötü kullarını
Sen affetsen ben affetmem
Bütün zalim olanları
Sen affetsen ben affetmem
Bütün zalim olanları
Sen affetsen ben affetmemSen tanrısın, affedersin
Bağışlarsın, kulum dersin
Sen tanrısın, affedersin
Bağışlarsın, kulum dersin
Neler çektim, sen bilirsin
Sen affetsen ben affetmem
Sen affetsen ben affetmem
Bütün zalim olanları
Sen affetsen ben affetmemAğlatıp da gülenleri
Terk edip de gidenleri
Sevilip sevmeyenleri
Sen affetsen ben affetmem
Sevilip de sevmeyenleri
Sen affetsen ben affetmem

Ümidimi kıranları
Bu dünyayı yakanları
Ümidimi kıranları
Bu dünyayı yakanları
Dar günde bırakanları
Sen affetsen ben affetmem
Sen affetsen ben affetmem
Boynu bükük koyanları
Sen affetsen ben affetmem

Allmächtiger, du mögest den schlechten Menschen verzeihen, ich aber nicht.
All diesen Grausamen mögest du  verzeihen, ich aber nicht.Du bist allmächtig, du kannst verzeihen,
sie sind ja schließlich deine Geschöpfe.
Du mögest verzeihen, ich aber nicht.
Du mögest verzeihen, ich aber nicht.
All diesen Grausamen
Mögest du verzeihen, ich aber nicht.Denen, die einen zum weinen bringen und selber lachen.
Denen, die gehen und einen verlassen,
die geliebt werden und selber nicht lieben können,
all denen mögest du vielleicht verzeihen, ich aber nicht.

Denen, die geliebt werden und selber nicht lieben
mögest du  verzeihen, ich aber nicht.
Denen, die meine Hoffnung zerstört haben,
die diese Welt in Flammen gesteckt haben,
die mich in schlechten Tagen alleine gelassen haben,
mögest du  verzeihen, ich aber nicht.
Denjenigen, die mein Haupt niedergesenkt halten,
mögest du  verzeihen, ich aber nicht.

Belgin Sarılmışer (Künstlerinnenname: Bergen) war eine Türkische Arabesksängerin aus dem Südosten der Türkei (Mersin).
Ihre Karriere begann anfang der 80er Jahre. Zeitgleich ging mit einem konservativen Clanangehörigen eine verhängnisvolle Beziehung ein, die ihr Leben und ihre Karriere wesentlich beeinflussen und auch früh beenden sollte. Er lernte sie in einem Etablissement als Sängerin kennen, jedoch verbot er ihr nach der Heirat, jemals wieder auf der Bühne aufzutreten.
Sie wollte jedoch weder ihn, noch ihre Karriere aufgeben. Als die talentierte Sängerin von populären Musikproduzenten aus Istanbul angeworben wurde, konnte ihr Lebenspartner dies nicht ertragen. Er liess ihr Nachts auflauern und Säure ins Gesicht schütten. Dadurch verlor sie ein Auge. Der Mann wurde zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt.
Sie stand aber trotzdem zu ihrer Liebe zu ihm und besuchte ihn sogar mehrere male im Gefängnis. Hartnäckig verweigerte sie ihm sogar die Scheidung, mit der sie sich eigentlich aus der gesellschaftlichen Zwangssituation befreien hätte können, denn ihm ging es lediglich um den Clanstolz, der die Ehe mit einer Sängerin nicht zuließ. Sie führte trotzdem ihre Karriere fort und wertete ihr hartes Schicksal sogar zu ihrem Nutzen um. Bergen wurde daraufhin als „die Frau der Leiden“ propagiert und hatte sehr großen Erfolg. Sie lebte ein mutiges unabhängiges Leben und gönnte sich auch einige Liebhaber.
Ihre aufbegehrende Haltung forderte jedoch letztendlich unerbittlich ihren Tribut. Kurz nachdem ihr Ehemann 1989 aus dem Gefängnis entlassen wurde, passte er ihren Wagen auf dem Heimweg nach einem Konzert in einer Nachbarstadt ab und ermordete sie.
Während ihrer kurzen, aber furiosen Karriere nahm Bergen 6 Vinylalben, 11 Musikkassetten auf und drehte einen Spielfilm. Insgesamt produzierte sie 129 Lieder. Sie gilt seitdem in der Türkei als Inbegriff der leidenden, unangepassten Frau und fungiert immer noch als Symbolfigur der Arabesk-Szene, in der die Kredibilität und Authentizität gerne durch reelle Erschwernisse des persönlichen Lebens untermauert werden. Bergen lebte jeden einzelnen ihrer Songs im wörtlichen Sinne.
Der oben eingefügte Song ist einer ihrer bekanntesten. Text und Komposition stammen aus der Feder des berühmten Arabesk-Komponisten Ali Tekintüre.