Serie: Widerstand – 1. Otpor, oder der Ausverkauf

Ich hatte ja schon vor langem damit gerechnet, dass Basheer Al Assad so endet wie Muammar al Ghaddafi. Aber er hat gut durchgehalten, auch dank dem entschiedenen Einsatz von Wladimir Putin. Andere Regimes hatten zwar auch eine lange Dauer, aber sie haben den arabischen Frühling dann doch nicht überstehen können.

otpor__logo

Das Logo des globalen Widerstands, designed and promoted by „Otpor“

Der arabische Frühling. Er kam so verheissungsvoll daher, hat sich dann aber doch als ganz fauler Marketingtrick entpuppt. Ich meine, wenn man sich mal ansieht, was daraus im Grossen und Ganzen geworden ist: ein globales Kriegsszenario, dass alles andere gefördert hat, als die Verbreitung von Freiheit, Gleichberechtigung, Demokratie, etc..
Oh Oh! Da tauchen wieder Verschwörungstheorien im Halbdunkel meines Bewusstseins auf und tänzeln hinter einem gräulichen Schleier, der ihr klares Hervortreten verhindert und den man wohl benötigt, um sich auf seinen Alltag als Otto-Normalverbraucher konzentrieren zu können.

So ganz zusammenhangslos las ich letztens einen Artikel von Jonathan Fischer über die Infiltrierung der kritischen kubanischen Hip Hop-Szene durch eine staatliche US-Agentur (Usaid: U.S. Agency for International Development), die sich dazu serbischer Promoter bediente, um eine Revolution auf der Karibikinsel auszulösen:
https://jonathanfischer.wordpress.com/2016/02/23/ausgerechnet-amerika-wie-man-eine-jugendrevolte-erledigt-die-kubanische-hip-hop-szene-lebte-von-der-kritik-am-greisen-castro-regime-dann-wurde-sie-von-us-behoerden-unterwandert-das-konnte-sie-nic-2/
Das Geschah in den Jahren 2009-2010. Zur Finanzierung wurde anscheinend verdecktes Kapital auf panamaischen Konten genutzt. Künstler wurden zu Kulturaustauschprogrammen nach Europa eingeladen, etc. etc..
Die Folge war: der kubanische Machtapparat bemerkte das Erstarken der kritischen Jugend und versuchte sich diesem Energieschub zu bemächtigen, indem es den Hip Hop auf der einen Seite institutionalisierte und gleichzeitig den Raggaton forcierte (eine vor ca. 15 Jahren entstandene Musikrichtung, die elektronische Beats und karibische Rhythmen mischt und sich inhaltlich eindeutig  auf geschlechtsspezifische Themen fokussiert. Die Musikvideos beziehen sich deswegen auch auf üppig dimensionierte weibliche Körperteile in eindrucksvollen komplexen Bewegungsabläufen.
Die Paar unbeeinflussbaren kritischen Rapper wurden somit ihrem Klientel beraubt, der somit dem drögen Kommerz zugeführt wurde. Die Amis kamen nicht auf ihre Kosten, denn die Revolution blieb aus und das Unterwanderungsprojekt somit eine reine Fehlinvestition.
Leidtragende in erster Linie blieben die lokalen Rapper mit ihrer politisch soliden Haltung. Das sonderbare an der ganzen Geschichte ist aber die Tatsache, dass all diese Machenschaften erst vor einem Jahr aufgedeckt wurden, im Zuge der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen beider Länder. Die genannte Handvoll Künstler, die von Anfang an skeptisch gewesen waren und sich immer distanziert haben von den Hype um ihre Musik berichten nun, dass die Amerikaner wohl „eine Sache“ Grundlegend falsch verstanden haben: die Kritik gegen Castro gewann ihre Kraft nicht aus der antisozialistischen Perspektive, sondern genau aus der gegenläufigen Bewegung: die Rapper hielten sich für die besseren Revolutionäre!

Alles schön und gut! Nichts, als ein Beispiel der Zerstörung einer weiteren jungen Musikkultur? Ja – unter anderem.

Was mich aber tatsächlich sogar noch mehr interessiert und auch ein wenig erschreckt in diesem Zusammenhang, ist das Auftauchen des Begriffspaares „Serbische Promoter“.

Denn da fällt mir natürlich mal direkt „Otpor“ ein – das serbische Kreativbüro für weltweite Aufstände – und ihr Frontman „Srdja Popovic“, der ja bekanntlich seine Strategien für eine erfolgreiche gewaltfreie Jugendrevolte (nach Modell des Widerstands in Belgrad während des Jugoslawienkriegs) lukrativ zu vermarkten wusste und auch nicht davor zurückschreckte, mit amerikanischen privaten Security-Firmen zu kooperieren.

Hier zwei interessante Links dazu:

http://www.occupy.com/article/exposed-globally-renowned-activist-collaborated-intelligence-firm-stratfor

www.theguardian.com/world/2015/mar/08/srdja-popovic-revolution-serbian-activist-protest

Und hier die äussert populäre und besonders in den Nordafrikanischen Staaten sehr beliebte Publikation Popovic’s:

http://www.blueprintforrevolution.com/

Vielleicht wäre das ja eine Investigation Wert, lieber Jonathan Fischer?

Mafia vs. Islamischer Staat vs. Arab Troopers?

Musikvorschlag zum unten folgenden Gedankengang (leicht im Hintergrund, muss nicht laut sein): https://www.youtube.com/watch?v=69yK5mNEsYw&index=1&list=PL45C148144ADD6B46.

Man sagt, „der legendäre Chef des mexikanischen Sinaloa Kartells Joaquin ‚El Chapo‘ Guzman hätte dem Islamischen Staat den Krieg erklärt“. Das soll aber leider eine Hoax sein. Mehr dazu hier: http://www.snopes.com/el-chapo-threatens-isis/.

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Und dann gab es letztens noch diesen Patensohn Giovanni Gambino, der sich zwar vermeintlich als Schriftsteller und Drehbuchautor versucht und selbst nichts mehr mit den Geschäften der Mafia zu tun haben will, aber gelegentlich dann schon mal in der ersten Person Mehrzahl spricht, wenn er auf sie zu sprechen kommt: http://www.welt.de/vermischtes/article149231262/Die-Mafia-will-jetzt-auch-gegen-den-IS-vorgehen.html. Auch er vertritt die Meinung, dass das Mitmischen der Mafia im Anti-Daesh-Kampf sinnvoll wäre.

Warum sollten wir uns denn darüber wundern? Jetzt mal im Ernst: wir wissen doch alle, dass dubiose Machenschaften schon immer den Kern des Kriegs- und Ölgeschäfts bildeten, sozusagen das Knochengerüst. Um welchen Spezialbereich es auch geht: Waffen, Öl, Prostitution, Drogengeschäfte, Schutzgelderpressung, Waffenschmuggel, Mord und Totschlag, Völkermord, etc.. Die Kooperation zwischen der legitimierten Macht und der Unterwelt ist doch nicht umsonst der Stoff eines jeden gutgemachten Thrillers. Das ist doch nicht nur so, weil die Story irgendwie spannend klingt, oder?

Klar wird alles in der Phantasie noch einmal ordentlich aufgeblasen, aber im Grunde wundere ich mich gerne mal auch über die, die sich plötzlich kollektiv über Dinge wundern, von denen jeder wusste, oder zumindest annahm, dass sie immer so waren wie sie waren, aber richtig wundern tut man sich eben erst dann, wenn offiziell auch die Zeit zum Wundern geschlagen hat. Denn man weiss ganz genau: macht man’s zu früh, oder zu spät, dann kann einem das Wundern schon mal die Glaubwürdigkeit, oder gar Kopf und Kragen kosten. Ich nenne das: „die Kunst des zeitgenauen Wunderns“.

Neuer Musikvorschlag zum nächsten Gedankengang (kann schon auch laut sein jetzt): https://www.youtube.com/watch?v=2uYs0gJD-LE&list=RDpgRUHIeaKOk&index=29.

Aktuelle Allianzen gegen den Terror:

  1. Assad und die Russen
  2. Die Westmächte: England, Amerika, Frankreich, Deutschland, Israel. Wen vergessen? Ja die Türkei, aber die ist eine Stufe weitergerutscht…
  3. Jetzt kommt’s: die Islamische Allianz, bestehend aus: Saudi Arabien,
    Türkei, Ägypten, Jordanien, Quatar, Pakistan, Vereinigte Arabische Emirate, Bahrein, Kuwait, Tunesien, Marokko, Lybien, Sudan, Palästina , Libanon, Yemen, Bangladesh, Malaysia, Somalien, Die Maldiven, Sierra Leone, Guinea, Benin, Die Komoren, Tschad, Mauretanien, Togo, Nigeria, Dschibuti, Niger, Senegal, Mali
    Gabun.

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Letztere sagen aber ganz offen: „Wir bekämpfen nicht nur die Daesh, sondern den Terrorismus im generellen“. Soso. Auch den rechtsradikalen Terrorismus hier in Europa? Da haben die unter Punkt 2 schon ein klareres Bild vom Terrorismus: die bekämpfen nur den radikalen Islam. Und die unter Punkt 1? Die retten sich gegenseitig den Arsch. Das ist aufrichtige konfessionsübergreifende Solidarität, wie sie im kalten Krieg noch üblich war.

Es ist zu einer willkürlichen tagespolitischen Entscheidungsfrage geworden, wen man als Terroristen bezeichnet.

Ich würde die Musik jetzt aber komplett abschalten:

In der Türkei gelten eindeutig die Kurden als die Terroristen. Gerade nutzt der türkische Staat die kriegerische Spannung an der syrischen Grenze, um eine ethnische Säuberung im Osten des Landes vorzunehmen. Eine 10.000 Mann starke Armee-Einheit zerbombt mit Panzern und schwerem Geschütz die Sädte Sirnak, Cizre, Hakkari, Batman und Diyarbakir. Das sind kurdische Städte. Die Ausgangssperre herrscht teilweise seit Wochen. Kein Wasser, keine Elektrizität. Kinder graben Schützengräben und bauen Barrikaden. Jugendliche Splittergruppen bilden neue Guerillaeinheiten, schlecht bewaffnet und naiv. Es ist lächerlich eigentlich. Trotzdem sind sie tapfer. Ihr Spielplatz war schon immer der Bürgerkrieg und dort sterben sie nun wie die Fliegen. Genauso wie die Soldaten, die oft Bombenanschlägen zum Opfer fallen. Daneben sterben natürlich auch jede Menge Unbeteiligte – Kinder, Frauen, Greise. Sie sind die eigentlichen Leidtragenden. Ohne Schutz und Sicherheit werden sie meist ermordet von Spezialeinheiten der Polizei – Killerkommandos.

Vor ein paar Tagen wurden sämtliche Lehrer von den staatlichen Schulen in der betroffenen Region abgezogen. Wer nicht geht, gilt als Kollaborateur. Nur wenige sind geblieben. All die Heroen des Geziparks in Istanbul zeigen nur wenig Solidarität. Sogar hier wird ein tiefer Spalt in der Gesellschaft sichtbar. Atatürk und das nationalistische Dogma hat sich eingefressen: wenn man’s runterbricht, befürworten vermutlich fast 60 Prozent der türkischen Staatsbürger diese harte Gangart gegen die Kurden (die Zahl ist auch unter den Sozialdemokraten sehr hoch). Ein Volk wird so gespalten und zerstört.

Es kommt mir vor, als würde dort im Osten die Gesellschaft durch schweres neoliberal-islamistisches Gerät glattplaniert. Ein neues Feld wird erschlossen, indem es von jeglicher soziokultureller Struktur gesäubert wird. Welchen Kräften da der Weg geebnet wird, ist noch nicht so klar. Die Ungewissheit greift um sich.

Gleichzeitig hofiert Europa Erdogan und belohnt ihn mit Geldzahlungen gegen Rückhaltung der „Flüchtlingsströme“. Es ist fast magisch: Sogar die EU-Beitrtittsverhandlungen gewinnen an Fahrt. So nah war die Türkei dem Beitritt noch nie. Erdogan hingegen unterstützt seit Jahren den Aufbau der Daesh mit Waffenlieferungen, Finanzsubventionen, medizinischen und sanitären Hilfsleistungen für die Kämpfer.

Ich denke es ist wieder einmal die Zeit zum Wundern gekommen. Los Leute: Wundert euch!

 

The Sultans of Neoliberalism

Es ist schon ein Luxus, an der Strandpromenade von Pendik richtung Kadiköy auf der anatolischen Seite des Bosporus entlangfahrend alte Hits aus den 70ern im Autoradio zu hören. Vorrausgesetzt der Verkehr fließt, natürlich. Zwischendurch fällt dir das Verkehrschaos immer wieder auf, doch der Blick in die untergehende Sonne gibt dir immer wieder das Gefühl des Menschseins zurück. Doch! Diese Stadt hat immer noch eine Idylle bewahrt, die man zwar meist nur aus der Ferne genießen kann, aber sie hat sie noch. Mindestens eine.

Männer und Frauen überaus sinnlich in ihrer patriarchalen Unsinnlichkeit und in ihrem Unsinn, verstrickt in ihre Kreditkarten und im Verlust ihrer Wahrhaftigkeit, billig verkauft an stillose Stilverkäufer, die ihnen die letzten Groschen von ihren digitalen Konten kehren.

Allesamt vergessen sie sich und die Geschichte, die Steine, die Erde, auf der sie leben. In ihrer verzweifelten und unbewußten Sehnsucht huldigen sie den letzen Überbleibseln einer oberflächlich geliebten reichen Welt, die sie über die Jahrzehnte eigenhändig zertrümmert haben. Und diese letzten Überbleibsel hängen am Schnurbart eines verblassenden Nationalhelden, der heldenhaft und despotisch in die Ferne blickt mit seinen stechend blauen Augen.

Die Frauen sind vezweifelt still, fleissig, immer auf den Beinen, ruhelos, schlaflos, sorgend. Die Männer sitzen verhungernd in ihren Luxusanzügen, Luxussuiten, Luxuslimusinen, die Augen weit aufgerissen, laut die Stimmen, immerzu die universelle Gerechtigkeit einfordernd, die unsichtbar und fiktiv an ihren aufgerichteten Schwänzen hängt.

In all dieser Verzweiflung gedeiht ein Humor, der seinesgleichen sucht. Es wird ständig gelacht und gelacht. Es gibt Geschichten, es gibt gute Musik, es gibt gutes Gemüse, es gibt Güte, es gibt einen haufen Emotionen, es gibt den Arabesk und es gibt eine hinter den Prinzeninseln untergehende kugelrunde glutrote Sonne und das Meer voller zappelnder Fische: Istavrit, Cinekop, Lüfer, Palamut, Mezgit, Kalkan. Es gibt salziges Meerwasser, das einem an den Lippen klebt und nach Algen riecht, bei windigem Morgenwetter. Es gibt Menschen, die jeden Tag nach dir fragen, wenn sie dich ins Herz schließen. Es gibt, es gibt und es gibt.

Ganz weit im Hintergrund lauern die totgeglaubten osmanischen Sultane. Die wollen auch wieder unter die Sonne der Gegenwart. Die wiederum tobt in der Grenzregion zu Syrien in Städten wie Diyarbakir, Cizre, Silopi, Hakkari, um nur einige zu nennen. Die Sultane verhängen Ausgangssperren und bomben ihren Hass in diese Städte, zertrümmern historische Gemäuer, Wohnhäuser, töten Kinder, Frauen, Greise und nennen sie Terroristen, schicken die Lehrer und Lehrerinnen in den Urlaub, um die Schulen zu Munitionslagern umzufunktionieren. Der Tod lauert nun dort, wo einst die fruchtbare Kultur aus dem Zweistromland nach Westen strömte. Jetzt wird dort das menschliche Gewissen ermordet. Wieder einmal.

die grosse lüge von der aufklärung

die zahlen überschlagen sich. sind es 1600 oder 3500 delikte mit rechtsradikalem hintergrund dieses jahr? 100 wären eigentlich schon ein grund zur extremen sorge. gestern nacht brannte eine moschee in stuttgart. so richtig kümmerts keinen. von ermittlungen hört man hier und da mal was. wenn jetzt radikale moslems eine kirche anzünden und täglich übergriffe starten würden, dann wäre in diesem land kriegszustand angesagt. sodom und gomorrha. in der hinsicht unterscheidet sich die subjektive wahrnehmung der gesellschaftlichen mehrheit hier nicht sehr von der in ländern wie der türkei, oder pakistan. also sollte man sich nicht viel einbilden auf die vermeintliche aufgeklärtheit dieser gesellschaft. aufgeblasene pseudoattitüde ist das meiner meinung nach. sonst nix.

ich steh nicht auf moscheen und auch nicht auf kirchen. die abrahamitischen religionen samt judentum und allem hängen mir zum halse raus. ich halte die für einen einzigen hirnfick und unfug. ich mag kein weihnachten und auch keine sonstigen monotheistischen religiösen feste, die all ihre rituale eh billig von uralten kulten und ihren riten geklaut haben. was ich allerdings mag, ist die freiheit, zu glauben, wenn und was man glauben will, oder eben nicht.

die amöben, die die moschee in stuttgart angegriffen haben gestern nacht, glauben nur an eines: an krieg und zerstörung. das ist der einzige glaube, der bekämpft werden muss meiner meinung nach. das ist aufgabe des staates und des sicherheitsapparates. bei 3500 delikten mit besagtem hintergund wird die frage nach der relevanz eines aufwendig subventionierten sicherheitssystems jedoch obsolet. ich glaube der sicherheitsapparat ist eher ein hobby-disneyland für waffen- und gewaltfreaks, die in irgendwelchen ministerien sitzen. wenn sie solche anschläge nicht verhindern können, was tun die dann? ich vermute leider mal, dass sie auf eine perverse art geil sind auf brennende unterkünfte und moscheen. auch auf islamistische anschläge scheinen alle nur gierend zu geifern. anders kann ich mir das nicht erklären.

es müssen schon sehr viele perverse freaks an schlüsselpositionen der staatsapparate sitzen, damit das möglich ist, was seit geraumer zeit in europa passiert. die eskalation der gewalt in diesem masse kann ohne toleranz staatlicher positionen nicht funktionieren. diese peverse kranke unmenschlichkeit geht einher mit perfidem kalkül, das darauf auszielt, mit einer spirale der angst demokratische prinzipien durch ständige ausnahmeregelungen auszuhebeln und die aufrüstung und die investition in sicherheitstechnologie zu erhöhen. diese dienen dann einigen wenigen cowboys zur institutionalisierung ihrer machtpole, die natürlich auch miteinander konkurieren. oligarchen gegen diktatoren gegen mafiabosse. willkommen in der postmodernen distopie.

an diesem punkt befindet sich europa gerade. europa zerstört sein höchstes gut: die aufklärung (oder besser gesagt: die letzten aromatischen pigmente davon), genauso wie radikalislamisten im nahen osten ihre kulturgüter zerstören. europäischer staatsterror und radikaler terrorismus passen in der hinsicht gut zusammen und beflügeln sich gegenseitig.

nur was machen wir menschen, die wir für die liebe einstehen wollen nun? wir verlieren faktisch die basis der menschenrechte. sie wird uns von denjenigen politischen strukturen entzogen, die wir zu ihrer erhaltung im demokratischen prinzip beauftragt haben. wir haben keine waffen, keine ministerien, keine armeen. unser kapital wird entweder durch die neoliberalen konzerne oder die mafia kontrolliert, die wiederum staatliche finanzinsitutionen in ihrem namen als geldeintreiber missbrauchen.

also müssen wir wohl oder übel vom geld weg. wir müssen dem geld sein funktionsmonopol entziehen. wir müssen unsere prinzipien ändern. wir können unsere werte nicht mehr auf materielle sicherheit bauen, denn die materie ist nicht mehr materiell. geld hat nichts mehr mit materie zu tun, sondern nur noch mit ideeller macht, die sich gegen die bevölkerung richtet.

politische posts über populist*innen und machtmenschen bitte ohne namen, ohne bilder, ohne links…

hello allerseits. ich bin jemand, der sich gerne mit politik beschäftigt und auch in den sozialen medien politische diskussionen führt. heute habe ich eine der heftigsten schlagzeilen ever gelesen und möchte hier ein vorgehen in unseren posts anregen, von dem ich denke, dass es uns alle weiterbringen würde. ich schätze es sehr, von freunden auf politische misstände und ungerechtigkeiten in der welt hingewiesen zu werden und tue das auch gerne, weil ich glaube, dass das wichtig ist. mir wird jedoch immer klarer, wie sehr machtmenschen und ihr medienapparat daran profitieren, dass ihre namen, ihre gesichter und die entsprechenden links zu den news eins zu eins weitergereicht werden. es steigert ihre popularität und auch die ihrer kruden aussagen.
ein gutes beispiel in dieser kategorie:
Israels Premier says: Palestinians Are Responsible For The Holocaust, Not Hitler!
im ersten moment schüttelt man natürlich den kopf, aber auf den zweiten blick wird einem die perfide systematik klar, die sich hier manifestiert. und sie ist nichts neues. eine unreflektierte opferhaltung kann durchaus auch faschismus erzeugen. sowas ist auch – und da werden jetzt einige aufheulen – auch in israel möglich.
besagter politiker beruft sich hier auf die geschichte eines jerusalemer grossmuftis, der in den 30er und 40er jahren mit seinen radikalen thesen über die eliminierung der juden bis zum adolf vorgedrungen ist (https://de.wikipedia.org/wiki/Mohammed_Amin_al-Husseini).
statt sich aber die historie und vor allem mal die zeitabläufe in diesem prozess genau anzusehen, wurschtelt sich der israelische premier eine schöne hetzkampagne gegen den „gemeinen palästinenser“ zusammen und stopft damit sein kanonenrohr. so geht es ihm zum beispiel auch am arsch vorbei, dass besagter grossmufti den adolf erst im jahre 41 getroffen hat, als der holocaust in vollem gange war. besonders perfide ist, dass er damit den deutschen die historische verantwortung nehmen und diese stattdessen den palästinensern aufbürden will. auch wenn das eine total bescheuerte these ist, verfolgt er damit natürlich eine ausgeklügelte strategie:
mit seinen kruden thesen will er es flächendeckend auf die frontpages schaffen und damit die politische agenda nicht nur innenpolitisch, sondern auch international dominieren. auch wenn es nur für einen tag ist, oder zwei, im idealfalle eine woche. auch wenn es negative publicitiy ist (in anführungsstrichen), die er dadurch erhält. soziale netzwerke sind da natürlich ein wichtiger, sogar sehr wichtiger faktor! das heizt die situation an, das steigert die konflikte und verbessert seine aggressive verhandlungsposition, denn dies alles passiert just in einem zeitraum, in dem der amerikanische aussenminister neue verhandlungen im nahost-konflikt ankündigt und zu einer zeit, in der die stimmung gegen muslime in deutschland sich gerade schön in die höhe schaukelt. in einer solchen zeit des rechtsruckes fällt hierzulande die entlastung des deutschen gewissens – durch den israelischen premier höchstpersönlich – natürlich auf fruchtbaren boden und: man kann beidseitig jegliche ressentiments temporär voneinander weg- und auf einen gemeinsamen feind hinlenken – natürlich hat das eine nur kurzfristige wirkung, aber genau so ist auch seine politik ausgerichtet: auf die maximale effizienz in kürzester zeit. es geht nicht darum, langfristig effektive politiken durchzuführen, sondern nur darum, eine kurzfristig durchdachte hetzkampagne an die andere zu reihen. damit baut er vor den verhandlungen eine harte front auf, um seine kompromisslose haltung zu zementieren und wenn die verhandlungen scheitern, hat er eine wunderbar aufgeheizte grundathmospähre geschaffen, sozusagen als geeignete ausgangssituation, um militärschläge (natürlich alles nur vergeltungsschläge) zu verüben. da er die auch nur seinem eigenen volk gegenüber rechtfertigen muss (wenn überhaupt), muss seine bescheuerte these auch nur innenpolitisch funktionieren. aussenpolitisch kann sie völlig skurril im raum stehen. das juckt in dem falle nicht, denn keiner mischt sich mitlerweile in die „inneren“ angelegenheiten israels ein.
die menschen, die lebenden, die toten, auch die bald sterben werdenden, sind diesem skrupellosen machtpolitiker scheissegal. auch die israeliten sind ihm egal. es geht um eine harte linie und um den profit, den man damit vermehren kann, sowie politisch, als auch materiell. dafür wäre er sogar bereit (wie man sieht), adolf hitler die politische verantwortung für den holocaust zu entziehen. dies zeigt auch seine unveratwortliche haltung der eigenen geschichte gegenüber.
deswegen werde ich weder links, noch bilder dazu posten und fordere alle meine freunde und freundinnen auf, solche unmenschen von ihren pinnwänden zu verbannen. bringt die news, aber ohne bilder, links und namen. wenn jemand nachgucken will, kann er das immer noch tun. newsportale gibts eh wie sand am meer.
jede erwähnung und verlinkung ist für die ein politischer bonus und für ihre medien auch ein materieller.
wenn euch diese arschlöcher auf den senkel gehen, dann boykottiert sie (soweit es geht) in den sozialen medien – im rahmen von satirischen beiträgen kann man ja mal einen namen nennen. aber es sollte immer ein eigener beitrag sein. ich finde, man sollte bei nachrichten zu solchen typen keine links und keine porträitbilder direkt posten:
gönnt schlechten menschen keine plattform!
kopiert die texte und ändert die namen durch titelbezeichnungen oder durch spitznamen. somit können wir uns über die neuesten entwicklungen trotzdem informieren, ohne ihnen als fussvolk zu dienen.
ich glaube daran, dass das besser ist für uns alle. dann müssen wir uns auch nicht ihre dummen fressen ansehen jeden tag. das schlechte karma, das man sich dadurch spart, ist noch ein weiterer verdienst.
POSTET NACHRICHTEN ÜBER SOLCHE PSYCHOPATHEN NUR NOCH, WENN IHR AUCH EIGENE GEDANKEN DAZU AUSFÜHRT.
keine bilder, keine links!
lasst sie nicht kommentarlos stehen. auch negativer personenkult ist pesonenkult. stattdessen zitiert konstruktive aussagen und zitate von reflektierten menschen.

exemplarische vorschläge meinerseits: noam chomsky, zlavoj zizek, bernie sanders, selahattin demirtas, martin luther king, etc. etc. etc.

diese menschen haben/hatten wenigstens konstruktive lösungsvorschläge und nicht nur zerstörungsphantasien.

Pro Akif Pirincci – eine Fürsprache vor der deutschen Nation!

Pegida-Anänger verhöhnen Akif Pirincci (Photo: Flavio Lucchini, Burqua, 2011)

Pegida-Anhänger verhöhnen Akif Pirincci in Dresden! (Photo: Flavio Lucchini)

Akif Pirincci. Was ’ne Nummer! Wahnsinn oder? Bringt er’s tatsächlich eisenhart und sagt auf ’ner Pegidademo in Dresden im Oktober 2015 das, was sich kein biodeutscher Pegidist so leicht trauen würde. Was sich keiner von diesen Luschen traut, das traut sich der Akif. Hut ab!
Jetzt frägt man sich natürlich: Was hat den geritten? Überall diese Frage: Warum? Warum Pirincci? Warum jetzt? Warum Pegida? Er hat doch nur Ärger damit? Der Bertelsmannverlag hat seinen Vertrag schon aufgelöst, gleich ein Paar Tage nach dem besagten Vorfall.
Was ist passiert? Akif Pirincci stand am 19.10.15 in Dresden am Rednerpult und tat das, was er schon im Vorfeld in diversen (national)sozialen Netzwerken angekündigt hatte: er hielt eine hammerharte Rede, mit der er neue Maßstäbe setzen wollte, nur auf welchem Feld? Er selber nannte es Wutrede, aber die Rede klang gar nicht so wütend. Sie klang eher einfach nur vorgelesen. Auf welchem Feld hat er die Maßstäbe nun aber gesetzt? Dummheit? Vermessenheit? Oder ist er eigentlich immer noch der geniale Schriftsteller, für welchen er im allgemeinen noch vor knapp ein zwei Jahren galt? Ich meine der Mann war einer der beliebtesten zeitgenössischen Autoren Deutschlands. Warum plötzlich diese Faxen?
Hat er Drogen-, Existenzprobleme? hat er sein Geld versoffen, oder verkokst und braucht jetzt einfach mal frisches Publikum, bessere Verkaufszahlen? Bereitet er sich auf einen Genrewechsel vor und will jetzt einfach mal seine Gehirnzellen durchpusten? Ein kleiner Adrinalinschub? Inspiration? Ja, das ist doch legitim? Er brachte es zumindest origineller, als die übrigen B-Promi-Tröten, die von einer Realitysoap ins Dschungelcamp und dann wieder in die nächste bescheuerte Boulevard-Talkshow hopsen, von Kanal zu Kanal.
Er hätte es ja auch so machen können!
Aber nein! Akif ist authentisch. Er geht neue Wege! Wie gesagt: Akif setzt Maßstäbe. Und zwar macht er das äußerst raffiniert: er begibt sich zunächst vermeintlich auf den Standard-Islamkritikerfilm und reiht sich da schön hinter Sarrazin, Broder und Matussek ein (genau in der Reihenfolge). Jedoch fällt er natürlich viel stärker auf, als die übrigen, denn er ist ja selber Schwarzkopf (also Kanacke). Er hat ja Wurzeln in der Türkei – seine Familie kommt ja aus einem zum Großteil von Moslems bevölkerten Land. Er muss es ja wissen, wie die so sind?
Solche Art von Selbst-Bashing kommt nun wirklich nicht oft vor und erzeugt natürlich erst einmal ein Raunen in der Leitkulturlandschaft. Dieses ominöse Raunen hat aber für gewöhnlich nur eine kurze Halbwertzeit. Somit drohte der Gute relativ bald wieder in der Spinnerecke zu verfaulen. Aber wir kennen ja unseren Akif! Er war schon immer bekannt dafür, sich auch in den aussichtslosesten Situationen neu erfinden zu können. Er gibt nicht klein bei. Er lässt sich nicht einfach Mundtot machen. Das ist er all den Menschen schuldig, die seit Jahren zu ihm halten. Die ihn auf seinem Weg in den Autorassismus schon immer bestärkt haben. Auch im Bertelsmann Verlag sitzen diese Leute. Klar hat die Geschäftsführung ihm jetzt gekündigt. Er hat es ja auch bewusst darauf angelegt, aber er hätte das nie getan, wenn er nicht immer schon gewußt hätte: da sitzen etliche drinnen, die ihm noch gerne die Stange gehalten hätten, aber mit Tränen in den Augen jetzt zusehen mussten, wie die Gutmenschen der Marketingetage die Augen verdrehten und die Quadratschädel von der Geschäftsführung ihm nun den Gnadenschuss gaben.
Mit Sicherheit war das für ihn ein kurzer Aufreger, aber im Grunde kein so großes Problem. Souverän kann er meiner Meinung nach darüber stehen, denn er ist nicht so einfach zu beeindrucken. Der Mann hat nämlich Zivilcourage!
Und noch dazu ist er nicht blöd. Hordenweise haben die Menschen diese billigen LKW-Fahrer-Lektüren von Sarrazin gekauft. Warum sollten sie seine neuen polarisierenden Hetzschriften nicht kaufen? Was für die einen geschäftsschädigend ist, ist für die anderen die „perfekte“ Promo, massgeschneidert auf das neue sorgenvolle Publikum. Er weiss, dass es genug Verlage gibt, die den neuen Trend erkennen und ihn zu nutzen wissen. Deutschland ist endlich erwacht und es gibt nun eine neue wachsende Leserschaft: die besorgten Bürger.
Überdies beobachtet man nämlich eine brandneue Entwicklung in der zentraleuropäischen Kulturlandschaft. Es handelt sich dabei um eine Art zunehmende Arabeskisierung des Abendlandes (Achtung: nicht zu verwechseln mit Islamisierung!! Haha – das wäre ja jetzt wirklich Kontraproduktiv…).
Arabesk: das ist die Kultivierung des Leidens, des sinnlichen Schmerzes, der diesem innewohnt, sich insbesondere äussernd in Lyrik, Prosa und Liedtexten. Arabesk ist im Grunde die „Philosophie des Leidens“, bisher nur bekannt durch die kulturellen Produktionen der „nahöstlichen“, „nordafrikanischen“, „osteuropäischen“ und der „kleinasiatischen“ Moderne. Ja diese Form des sinnlichen Leidens hielt seit spätestens dem späten 19. und frühen 20. Jhd. eben auch Einzug im Balkan, in Mazedonien, Bosnien, Griechenland, Bulgarien, Rumänien, Ungarn. Nur Zentraleuropa war noch nicht bereit dafür. Bis jetzt! Bis Akif Pirincci die Rednerbühne in Dresden betreten hat. Das Leiden kennt der Deutsche an sich schon lange. Nun geht es darum, den nächsten Schritt zu tun: nun geht es darum, die hohen Sphären des tiefen emotionalen Genußes zu erfahren, den das Leid erzeugen kann!
Aber wie kam es dazu? Was hat der gute Akif denn schon grossartiges getan? Exakt: er hat den nächsten Gang eingelegt und zwar ohne zu zweifeln und ohne lange zu fackeln, in einem Moment, in dem alle schon von ihm erste beschämte Rechtfertigungen oder gar Entschuldigungen für seine bisherigen vermeintlichen Ausfälle erwartet hatten. Er hat das getan, was sich verkappte feige biodeutsche Undercovernationalisten im Etablissement nie trauen würden – all diese tollen Mainstreamautoren, die um ihr Image und ihre Abnehmerzahlen fürchten: Akif Pirincci ist ( und das als deutscher Autor mit „muslimischem“ Migrationshintergund!) zur Pegida gegangen, stellvertretend für alle, die sich das jetzt auch so sehr wünschen würden, aber es sich nicht leisten können –  wegen der Karriere, der Familie, der Kinder, des Rufs, des Ansehens, whatever….
All diese Bedenken hat Akif über Bord geworfen! Er hat drauf geschissen! Er hat es für euch getan. Er hat es für Deutschland getan.
Und ihr? Wie dankt ihr es ihm? Das sieht man oben auf dem Foto. Das ist eines dieser Bilder, die uns die Lügen-Presse vorenthält! Das ist Dresden: Pegida-Anhänger verhöhnen Akif Pirincci während seiner legendären KZ-Rede, indem sie einen Ganzkörperkostüm-Flashmob verüben und sich Burkas überziehen. Das ist diskriminierend! So ein undankbares elendes Volk seid ihr! Ihr lasst ihn nicht mal ausreden. Lutz Bachmann hat höchstpersönlich seine Rede unterbrochen und ihn von der Bühne hinunterkomplimentiert, nach schon ca., 20 Minuten! Da war der gerade erst warmgelaufen!…..hinunterkomplimentiert!
Ich hab’s schon immer gesagt: Pegida hat kein Rückgrat. Nur Weicheier. Da muß erstmal ein Türke kommen, um euch „das“ lauthals öffentlich vorzulesen, was so viele von euch denken und nicht trauen auszusprechen: nämlich, dass ihr gerne bald wieder die KZ’s in Betrieb nehmen würdet, um euch von dieser Flüchtlingspest zu befreien. Er sagt es. Er spricht es aus und was kommt von euch als Dank?
Ein müder Lacher und gleich darauf Buhrufe und Protestlaute. „Keine Hetze, keine Hetze“, habt ihr gerufen. Ich habs genau gehört! Weicheier seid ihr! Miese kleinkarierte Weicheier! Ihr seid so kleinkariert und dumm, ich würde euch zutrauen, dass ihr solch mutige und couragierte Leute wie Akif Pirincci sogar inhaftieren würdet, wenn besagte KZ’s wieder in Betrieb genommen  würden. Ihr würdet diese Leute eigenhändig vergasen. Ich weiss es doch.
Warum? Nur weil sie nicht die richtige Abstammung haben, die richtige Hautfarbe oder den richtigen Stallgeruch. Dabei sind es diese Leute, die euch immer schon die Aufmerksamkeit und die nötigen Referenzen erwiesen haben. Es sind solche Leute wie Matthias Matussek, Henryk M. Broder, Heinz Buschkowsky, Akif Pirincci, die euch selbstlos unterstützt haben. Sie haben euch die mediale Aufmerksamkeit gebracht, die ihr brauchtet. Sie haben euch Mut zugesprochen, wenn es mal nicht so gut stand um die Bewegung. Sie haben Hohn und Spott über sich ergehen lassen, immer tapfer den Kopf hingestreckt, ihrer Ideale willen. Sie haben euch den Weg in die bürgerliche Mitte immer Sperrangelweit aufgehalten. Merkt euch diese meine Worte!

Oh deutsches Volk! Sei nicht undankbar! Verrate deine treuesten Weggefährten diesmal nicht. Lerne aus deiner Geschichte!

Triptonious Coltrane, 2015
Bildinfo: Flavio Lucchini, Burqua (2011)

Chill Out!

chill_out

Das waren Zeiten! Gut, dass sie vorbei sind: Chill Out. Denn sie waren eine zuckersüße Lüge. Wir sind alle drauf reingefallen. Es gibt immer noch Leute, die von der Buddha-Lounge-Reihe schwärmen. Aber nicht umsonst stellen sich jetzt bei Kruder und Dorfmeister die Nackenhaare auf: sie waren nie zeitlos. Sie sind verfallen. Denn sie waren gelogen.

Was Chill Out? Während im übersättigten Teil der Welt hart gechillt wurde und man vor sich hin illusionierte, radikalisierte sich Sachsen und Thüringen, der NSU tobte, die Bullen suchten nach der Dönermafia, die Twintowers stürzten ein, Osama Bin Laden und Michael Jackson rockten die Popcharts. Wir waren immer noch hartnäckig am chillen! Irak, Afghanistan, Ghaddafi, Tunesien, Ägypten, Erdogan, Syrien, der böse Islam, Salafisten, die bösen Islamgegner, Pegida und wir glaubten immer noch insgeheim an das Ideal der stromlinienförmigen Karriere. Jetzt Tote in Kurdistan, Syrien dem Erdboden gleich, Putins Kampfjets tun das, was alle immer zu tun vorgegeben haben: die ISIS bombardieren. Flüchtlinge flüchten nicht nur, sie sind auch gleichzeitig AktivistInnen. Sie überleben, oder sterben heldenhaft auf der Reise in den Westen. Sie suchen nicht mehr nach dem Glück. Sie fordern ihr Recht!

Irgendwann werden auch sie merken, dass sie auf sehr unangenehme Weise mehrere Lücken füllen. Unangenehm, weil man das eben erst spät erkennt, wie sehr man als Aufhänger missbraucht wird, von Kultur, Medien und Politik. Harte Scheisse!

Und da gibt es nun einige, die sauer sind, weil die Chill Out-Phase der 90’er und der 2000’er an ihnen vorbei gegangen ist. Immer nur Maloche Maloche, immer in der Hoffnung, dass man dann irgendwan alles hat: Eigenheim, alles abgesichert, genug Knete auf der Seite. „So jetzte kömmwa ooch ma chillen“. Hingegen merken genau die jetzt allmählich: „Scheiße! Das Konzept mit dem Chillen wird in diesem Leben nix mehr. Es war nie für uns gedacht!“.

Und jetzt kommen junge, dynamische Menschen übers Mittelmeer mit Augen voller Hoffung, Hunger nach Erfolg. Die KanakInnen, die bisher hier abgehangen sind, waren leicht zu handeln. Diese Typen jetzt, denen ist alles zuzutrauen. Wenn wir nicht aufpassen, nehmen die uns nicht nur die Frauen, den Fussball und die Jobs, sondern auch noch unsere Bildung, die Medien und die Kultur weg.
Und was bleibt uns dann? Nur noch Wurst, Bier und Roberto Blanco!

Also viel Spass: https://www.youtube.com/watch?v=7I0JsaAtM5E

Das Kapital

Schwer bist du und unsichtbar eigentlich.
Was man sieht ist nur dein Abdruck.
Du erzeugst physischen schmerz.
So schwer bist du.
Du belästigst einen wie ein schwergewichtiger, redsamer Clown und läufst ständig um einen herum, krakelend, schmierig, gierig auf der Suche nach einem Stückchen Schwäche. Das ist deine größte Sucht.
Du greifst nach einem, schüttelst einen ständig, machst grobschlechte laute Scherze, physisch übergriffig, distanzlos, ruhelos.
Du greifst einem in den Schritt, oder drückst deine dicken Finger zwischen die Rippen, bis das Zwerchfell zu explodieren scheint.
Und jedes Lächeln auf meinen Lippen ist ein Verlust meiner Seele und ein kapitaler Gewinn für dich, den du stets mit grässlichem Fratzengeballer feierst.
Wenn du genug Beute gemacht hast, wendest du dich geschäftig und kühl ab, hast es nicht nötig, dich zu verabschieden.
Dein Raubzug ist für dich eine legitime Handlung.
Wenn du bleibst, dann nur um einer extraordinär größeren Beute willen, die dein Warten rechtfertigt.
Du liebst gut kalkuliertes Risiko.
Je größer deine Beute, desto länger kannst du warten.
Während du wartest heuchelst du Nähe.
Das kannst du gut.
Je länger deine Anwesenheit wärt, desto erdrückender wirst du.
Denn du bist immer noch feudal, immer noch archaisch, immer noch roh, banal und obszön.
Dein Abdruck zollt dem Zeitgeist tribut und kann dadurch beeindruckend erscheinen.
Du selbst hingegen bist immer noch klobig, finster, ekelerregend.
Trotzdem kannst du einem alle Annehmlichkeiten des Universums bereiten.
Je weiter man von dir entfernt ist, desto annehmlicher scheint das Leben.
Dabei bist du immer da.
Immer.
Und es ist eine Farce des Lebens, dass man sich trotzdem nach dir sehnt.