Ich mag Facebook nicht

Ich mag Facebook nicht, denn es frisst Zeit, bindet Energien und Aufmerksamkeit und gaukelt einem vor, man wäre mehr als je zuvor in ein soziales System eingebunden. Es verändert einen. Man kauft sich ein Smartphone und stellt Bilder Online. Man ist ständig am Kommunizieren, ohne wirklich zu kommunizieren.
Man wird zur Marketingmaschine, die vermeintlich sich selbst promotet (ideal für Kreative, Musiker etc.), aber eigentlich promotet man nur Facebook.
Schlimm ist es, dass die meisten, die ich kenne, einen komischen Rechtfertigungsprozess aufrollen, wenn sie jemandem wie mir begegnen, der Facebook nicht mag und auch offen dazu steht. Es ist wie mit religiösen Fanatikern, die dich unbedingt von der Richtigkeit ihres Tuns überzeugen müssen, damit sie nicht in ein Gewissensloch fallen und ihre bröckelige Fassade auch den heutigen Tag noch übersteht. So hat man ständig mit einer unglaublich effektiv funktionierenden Missionierungswelle zu kämpfen, der man sich kaum entziehen kann.
Deswegen habe ich jetzt auch einen Account, den ich so gut wie nie nutze. Aber ich habe einen – für alle Fälle. Obwohl mich diese erhobenen Daumen und diese ständigen aufdringlichen Forderungen nach meinen Privatinfos, Bildern, Kontakten, Berufliche Infos, Vorlieben etc. schon anekeln. Auch wie sich meine Freunde zu hippen Facebookfanatikern wandeln, die alle schon in der selben Sprache miteinander reden, ekelt mich eigentlich an. Dadurch werden alle so gleich, obwohl sie doch im Grunde so viel Wert auf Individualismus legen. Auch dieses ständige gut drauf sein ist doch fürn Arsch – mal ganz ehrlich – das glaubt euch doch eh keiner! Und wenns so wäre, dann müsstet ihr schon sehr ignorant sein in Anbetracht der heftigen Dinge, die sich gerade auf der Welt ereignen. Ich mag meine Freunde auf jeden Fall viel lieber ohne Like-Button unter dem Kragen.
Alle werden sie zu Vasallen eines gewieften Geschäftsmannes in seinen End-zwanzigern, der sich jetzt einiges erlauben kann. Er hat fast die ganze Kommunikation im Netz vermonopolisiert. Eine Firma kontrolliert die Online-Kommunikation der ganzen Welt und alle machen grinsend mit.
So ging es mir mit Myspace auch schon. Wobei ich ehrlich gesagt jetzt das alte Myspace herbeisehne. Da war alles noch etwas sinnvoller und nicht so verdammt aufdringlich. Auf Myspace waren viele Menschen kreativ, machten Musik oder sonstirgendwas. Auf Facebook wird Alltagsbanalität produziert, nur etwas oberflächlicher als im wirklichen Alltag. Es ist dröge und dämlich, finde ich.
Und immer diese rumargumentiererei: „Aber ich habe so viele Leute auf Facebook wiedergefunden, die ich wohl sonst nie mehr wieder gesehen hätte“ – Na und? Du bist doch nur ein Mensch. Du kannst nicht mit der ganzen Welt kommunizieren, auch wenn dein Smartphone dir was anderes predigt! Besinn dich mal aufs Wesentliche. Und mal ganz ehrlich: Willst du wirklich jeden wiedersehen aus deiner Vergangenheit? Man hat doch immer nur ein Idealbild von früheren Bekannten und das trifft doch in den seltensten Fällen noch zu. Und im Grunde ist es doch so: Wenn jemand dir wirklich noch seelisch nahe ist, dann taucht der schon wieder auf. Keine Sorge!
Also ist Facebook einfach nur eine Illusion, ein Bedürfniss, dass nicht wirklich vorherrscht, sondern uns nur als Notwendigkeit untergejubelt wird, damit wir mehr Geld verdienen, um noch mehr Geld ausgeben zu können.
Sogar mich hatte mal der Rappel gepackt und ich dachte mir: „Los, du musst jetzt dein Leben verändern: Twittern, Facebooken, Bloggen was das Zeug hält, ein Macbook kaufen, ein Tablet, ein Smartphone, Kindle und und und….
Und dann hat Gott sei dank die alltägliche Lethargie wieder eingesetzt und sich von alledem nur noch dieser lumpige Blog erhalten, den ich aktualisiere, wenns mir gerade passt.
Ich habe eh wenig Zeit für Muße. So hätte ich mir selber die Zeit gestohlen und mein Geld verschwendet. Gesegnet seien die Gemütlichkeit und die Lethargie. Sie haben mich vor der Versklavung bewahrt.
Die grosse Masse der Menschen, sind nämlich Sklaven und sie waren es schon immer. Facebook ist ein grosser Sklavenzoo.

Sklavenzoo!
Sklavenzoo!
Sklavenzoo!