Die Grenzen der Wahrnehmung sind natürlich der Standard.
Aber das Ziel ist die permanente Überschreitung der selbigen.
Die Ästhetik der Dekadenz tanzt wild und unruhig über Breitwände,
im Wettstreit mit dem Leid der Welt.
Es ist wieder nur eine Epoche, ein Irrtum, ein Selbstverständnis und mitnichten ewig.
Wieder wird alles vergessen, was war – der Innovation willen.
Die Enttäuschungen reifen heran und die Hoffnungen gehören wieder der Jugend.
Kalaschnikofs, Sprenggürtel, Bärte, Suren, und Schlachtrufe in heiserem Deutsch.
Tausende toben in „Horden“ auf den Strassen.
Lüstern, unbeherrscht, verkommen.
Klebrig die grapschenden Hände, dunkel die Blicke,
dunkel, fremd, drohend auch die Haut.
Dunkel ist auch dieses Land.
Die Nächte wecken eine seltsame Nostalgie,
nach einer Vergangenheit, die niemals sein darf.
Deswegen sind Winternächte in Berlin zum Beispiel seltsam wirklich.
Jetzt stürzen sie sich wieder erregt auf ihre Mobilfunktelefone
um extralange Kurznachrichten zu verfassen
im Zweifingersystem.
Empörungen jagen im Binärcode durch den Äther
Etagenweise wird verzweifelt und schnell gelacht.
Dazu hat man die Zeit, es geht schliesslich ums Konzept. Das ist der Job.
Für die Ausführung gibt’s erstmal Algorithmen und die 3D-Druckertechnologie.
Aber die ist leider noch nicht soweit.
Weisse Körper schälen sich dünnhäutig – fast transparent –
aus durchnummerierten Sesseln.
Wie schlüpfende Mückenlarven wirken sie, jedoch sind sie steinalt.
Sie haben sich eingenistet in den öffentlichen Tempeln
und halten die feinen Nasen ständig witternd in die Luft.
Biologen würden sagen: sie verteidigen ihr Revier.
Kommt man näher, sieht man Schneidezähne in zerfurchten Grimassen,
umrahmt von billigem Schmuck und wachen Blicken.
Urplötzlich können sie angreifen.
So zum Beispiel einen iranischen Cembalospieler in der Philharmonie.
Dann bellt und heult die Brut zunächst, wie Wölfe oder Hunde es tun.
Auf ein unscheinbares Zeichen stürzen sie ungeahnt los
und reissen ihre Mäuler auf, in der Hoffnung auf dicke blutige Happen.
Seit neuestem aber bleibt ihr Blutdurst ungestillt.
Die Opfer sind keine Opfer mehr
und tönen schrill in sturer Nonchallance und in herabwürdigendem Akademikerenglisch.
Nur der Pöbel draussen auf der Strasse holt sich wie gewohnt noch seinen Zoll.
In den Sitzreihen der Tempel jedoch,
bleibt lediglich die Trauer um die eigene Fruchtbarkeit
und die Sehnsucht nach einer Vergangenheit,
die niemals sein darf.